Ausstellung über den Lebensweg von Zwangsarbeitern

Dr. Bettina Bouresch vom Landschaftsverband Rheinland, und Kulturstadtrat Klaus-Dieter Gröhler eröffneten die Ausstellung. | Foto: Wecker
3Bilder
  • Dr. Bettina Bouresch vom Landschaftsverband Rheinland, und Kulturstadtrat Klaus-Dieter Gröhler eröffneten die Ausstellung.
  • Foto: Wecker
  • hochgeladen von Lokalredaktion

Charlottenburg. Mit bisher so gut wie gar nicht beachteten Schicksalen der Kriegsgeneration beschäftigt sich eine Ausstellung, die noch bis zum 20. Dezember in der Galerie des Rathauses in der Otto-Suhr-Allee 100 zu sehen ist.

Der Zweite Weltkrieg hat in 60 Ländern einer ganzen Generation die Jugend genommen, Schicksalen eine unerwartete Wendung gegeben, Millionen von Menschen an ihnen völlig fremde Orte verschlagen und allein 63 Millionen Menschen das Leben genommen.Weder der deutsche Jugendliche, der in der Kalmückensteppe ums Leben kam, hatte in seiner Lebensplanung die Eroberung Stalingrads vorgesehen, noch hatte sich die Masse junger Russen in den Kopf gesetzt, auf dem Reichstag in Berlin eine rote Fahne zu hissen. Auch Alina M. hatte sich nie vorstellen können, im Alter von 15 Jahren in Düsseldorf ein Kind zur Welt zu bringen. Es war das ungehinderte Handeln einzelner Menschen, die über Leben und Tod und die Lebenswege von Millionen Menschen entschieden. Alina M. stammt aus der Ukraine. Ihre Mutter wurde zur Zwangsarbeit geschickt, ihr Bruder als Partisan erschossen. Allein wollte sie nicht zurückbleiben und bettelte die Soldaten an, ihre Mutter nach Deutschland begleiten zu dürfen. Die Soldaten erfüllten ihr diesen Wunsch. Sie wurde zur Zwangsarbeit in eine Seifenfabrik gesteckt und dort von einem deutschen Soldaten vergewaltigt. Alina M. wurde schwanger, gebar ein Kind, das in die Obhut einer deutschen Familie gegeben wurde. Nach dem Krieg "entführte" die Oma ihren Enkel in einer abenteuerlichen Aktion und die Minifamilie machte sich zu dritt auf den Weg in die Heimat. Ohne gültige Papiere wurde sie in der Tschechoslowakei drei Jahre festgehalten, wo das Kind in ein Waisenhaus kam. Endlich in der Heimat angekommen, war das Haus der Familie von der Wehrmacht niedergebrannt, und Alina M. wurde wegen des Kindes von ihren Landsleuten als "deutsche Hure" begrüßt. Ein Lehrer erbarmte sich und nahm die Familie in einer fensterlosen Besenkammer auf. Das Kind schlief auf dem Tisch. Später machte es Oma und Mutter zum Vorwurf, dass es in diese Verhältnisse gebracht wurde, denn bei der deutschen Familie in Düsseldorf wäre ihr sicherlich ein besseres Leben beschieden gewesen.

Die Ausstellung "Riss durchs Leben - Erinnerungen ukrainischer Zwangsarbeiterinnen im Rheinland" wurde von vier Frauen, zwei deutschen und zwei Ukrainerinnen, erarbeitet, die die Schicksale ukrainischer Zwangsarbeiterinnen anhand des Lebensweges von zehn Frauen aufarbeiteten. Auf Initiative der Gleichstellungsbeauftragten Christine Rabe wird sie nunmehr in Charlottenburg gezeigt. Damit kommt eine Opfergruppe zu Wort, die bisher noch nicht gehört wurde. Dies betonte auch bei der Ausstellungseröffnung Botschaftsrat Oleh Mirus. Er erinnerte daran, dass zwölf Millionen Zwangsarbeiter, zwei Millionen davon aus der Ukraine, ungewollt die Kriegführung gegen ihre Heimat unterstützen mussten. Dieses Unrecht wird viel zu spät wieder gutgemacht. Die Initiatorin dieser Aufarbeitung, Dr. Bettina Bouresh vom Landschaftsverband Rheinland, empfiehlt besonders Lehrern, anhand der aufgezeigten Lebensläufe Geschichte erfahrbar zu machen.

Frank Wecker / FW
Autor:

Lokalredaktion aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.

Beitragsempfehlungen

PolitikAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 58× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 62× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 161× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 556× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.