Astrid Leicht über Drogenkonsumenten und den Brennpunkt Stuttgarter Platz

Diplompädagogin Astrid Leicht sieht den zunehmenden Handel und Konsum am Stuttgarter Platz mit Sorge. | Foto: Schubert
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Charlottenburg-Wilmersdorf. Mit Spritzenautomaten und Präsenz vor Ort versucht der Verein Fixpunkt die schlimmsten Folgen von Drogenkonsum zu mildern. Berliner-Woche-Reporter Thomas Schubert sprach mit der Diplompädagogin Astrid Leicht über die angespannte Situation.

Wie beurteilen Sie die Situation von Drogenhandel- und Konsum entlang der U-Bahnlinie 7?

Astrid Leicht: An den Bahnhöfen der stark genutzten U 7 findet Handel mit Heroin und Kokain statt. Das führt zu vermehrtem Konsum im öffentlichen Raum. Vor allem der Stuttgarter Platz ist seit Langem ein Zentrum des Problems. In den vergangenen drei oder vier Jahren haben wir eine massive Zunahme bemerkt. Am Füllstand des Spritzenautomaten können wir ablesen, was sich abspielt. Je mehr Handel, desto mehr Konsum. Und desto mehr müssen wir nachfüllen. Der Automat am Stuttgarter Platz war letztes Jahr der meistgenutzte der ganzen Stadt - noch vor dem am Kottbusser Tor. Zum einen liegt der Platz verkehrsgünstig. Außerdem kann man sich dort Geld durch Ladendiebstahl verschaffen. Auch das Hehlermilieu findet man dort.

Welche Lösung schlagen Sie für diese Probleme vor?

Astrid Leicht: Wichtig ist es, dass man sie als gesamtstädtische Probleme begreift. Von der Polizei bis zu Gesundheitsbehörden sind verschiedenste Akteure beteiligt. Es müssen gemeinsame Maßnahmen geplant werden. Im Alltag arbeitet derzeit leider oft jeder Akteur für sich. Mit dem Bezirk pflegen wir abteilungs- und parteiübergreifend eine gute Zusammenarbeit. Wir müssen öffentlichen Konsum dort zurückdrängen, wo es nicht akzeptabel ist. Das erreicht man durch bauliche Maßnahmen oder indem man Büsche zurückschneidet. Den Müll sollte man rasch wegsammeln. Wenn in Hauseingängen gespritzt wird, sollten Eigentümer und Bewohner darauf achten, Türen geschlossen zu halten. Wir nehmen auch Kontakt zu den Konsumenten auf, weisen auf Risiken beim Gebrauch verschmutzter Spritzen hin und bieten Beratung an. Wir bitten darum, dass sie ihre Spritzen mitnehmen und keine Unbeteiligten erschrecken. Konsumenten merken oft gar nicht, wie sie auf andere wirken. Sie meinen es nicht böse.

Es wird derzeit diskutiert, am Stuttgarter Platz einen Coffeeshop zu eröffnen. Macht das Sinn?

Astrid Leicht: Ich würde einen Coffeeshop zum Cannabisverkauf und die Heroinproblematik nicht in einen Topf werfen. Das sind zwei paar Schuhe. Bei beiden Problemen geht es aber um das Scheitern der bisherigen Prohibitionspolitik. Reines Verbieten hilft bei Drogen nichts. Man muss sehen, wie man den Erwerb regulieren und die Schäden mindern kann.

Inwiefern halten Sie in betroffenen Gebieten Polizeirazzien für sinnvoll?

Astrid Leicht: Zum Teil sind sie notwendig. Aber die Zielstellung ist wichtig. Wenn die Polizei Großdealer stoppen will, muss sie Razzien machen. Fragwürdig ist es nur, wenn Konsumenten gefilzt werden. Das sollte nicht die Zielgruppe für solche Aktionen sein. Man sollte Razzien nicht um der polizeilichen Präsenz willen durchführen. Wir finden es wichtig, dass die Polizei mit Augenmaß vorgeht. Sie ist sicherlich erfahren genug.

Was könnte Fixpunkt mit einem größeren Budget leisten?

Astrid Leicht: Wir sind derzeit zweimal die Woche mit unserem Präventionsmobil und dem Drogenkonsummobil am Stuttgarter Platz und würden gerne auf fünfmal erhöhen. Wie es aussieht, werden wir im späten Frühling auch die Möglichkeit bekommen. Außerdem wollen wir am Bahnhof Jungfernheide einen weiteren Spritzenautomaten platzieren - an der dem Wohngebiet abgewandten Seite.

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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