Wenn Arbeit umbringt: Gedächtniskirche und Gewerkschaften gedachten der Toten

Gesellschaftskritik beim Gottesdienst: Das Krankwerden und Sterben als Folge von Überarbeitung war Gegenstand einer Predigt. | Foto: Thomas Schubert
3Bilder
  • Gesellschaftskritik beim Gottesdienst: Das Krankwerden und Sterben als Folge von Überarbeitung war Gegenstand einer Predigt.
  • Foto: Thomas Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Charlottenburg. Optimierung, steigender Druck, Angst um den Job: Solche Phänomene stellten Geistliche und Gewerkschaften jetzt bei einem Gottesdienst in direkten Zusammenhang mit Todesfällen. Doch die Einsicht lautet: Stress muss gar nicht schädlich sein.

Eine Kerze für die Gestorbenen. Soweit nichts ungewöhnliches. Ein Licht für die Toten am Arbeitsplatz? Keine ganz alltägliche Andacht. Im Grunde war der Gottesdienst am Workers Memorial Day ein gutes Stück Gesellschaftskritik, galt er doch den 473 Menschen, die 2014 jobbedingt ums Leben kamen. Die evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), sie übten ihnen zu Ehren einen Schulterschluss.

Ausdrücklich ins Gedenken einbezogen waren auch jene, die Todesfälle mitverschuldet haben und jetzt „eine Gewissenslast tragen“. Man dürfe nicht den Fehler begehen, einzelne zu Sündenböcken zu machen, während die größeren Zusammenhänge unerkannt bleiben, warnte Pfarrer Martin Germer.

Vom Dauerstress loskommen

Welche Faktoren im Arbeitsleben prägend sind, führte IG Bau-Gewerkschaftssekretär Dieter Wasilewski vor Augen. Psychische Ursachen als Ausfallgrund seien rasant im Steigen begriffen. „Ein Loskommen vom Dauerstress“ – das Gebot der Stunde. Während Leiharbeiter in ihrer ständigen Angst vor dem Arbeitsplatzverlust dreimal so oft in Unfälle verwickelt sind wie reguläre Angestellte, sieht Wasilewski bei Dienstleistungen, im Forstbereich und im Bau Fortschritte beim Arbeitsschutz. Der Gewerkschafter empfiehlt Leidtragenden von Missständen, sich zu verbünden und die Probleme klar zu benennen.

Pfarrer Germer wiederum rät dazu, auch die eigene Einstellung zu überprüfen. „Stress kann nämlich schön sein“, beruft er sich auf Erkenntnisse der Zeitung „Die Zeit“. Beim Meistern von Schwierigkeiten würde die Anspannung oftmals entscheidend sein, meint der Pfarrer. Und verwies auf Torwartlegende Olli Kahn. Erst unter Druck vollbrachte er seine größten Leistungen.

Doch auf Anspannung sollte früher oder später immer die Entspannung folgen, betonte Germer. Manchmal genüge es schon, den Sonntag zu achten – auch wenn wichtige Arbeit derweil liegenbleibt. tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 175× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 356× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.323× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.153× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.