Den Europäischen Stör vor dem Aussterben bewahren

Biologe Jörn Geßner mit einem Stör, der im Leibniz-Institut als Zuchtfisch heranwächst. | Foto: Ralf Drescher
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Friedrichshagen. In großen Becken schwimmen urige, bis zu zwei Meter große Fische. Hier will Biologe Jörn Geßner den Europäischen Stör vor dem Aussterben bewahren.

Im 19. Jahrhundert bevölkerten zahlreiche Störe Nord- und Ostsee sowie Flüsse wie Oder, Weichsel und Elbe. Der letzte Nordseestör wurde 1993 illegal bei Helgoland gefangen, vom Fischer weiterverkauft und kam zum Kantinenwirt im Bundesinnenministerium in Bonn. Dort landete der Fisch gebraten auf den Tisch "Ein Bonner Museum konnte wenigstens den Kopf zu Ausstellungszwecken retten", erzählt Jörn Geßner vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei am Müggelseedamm.

Dort ist das Projekt zur Rettung des Europäischen Störs - lateinisch Acipenser sturio - angesiedelt. Im Jahr 1996 hat der Wissenschaftler 40 Jungstöre aus dem letzten Verbreitungsgebiet an der französischen Atlantikküste erhalten, inzwischen kamen weitere Tiere hinzu.

Kurz nach dem Projektstart war erst einmal Lehrgeld zu zahlen, nach Stromausfall und Sauerstoffmangel starben 23 der wertvollen Tiere. "Wir haben dazugelernt und seitdem sichern Notstromaggregat aus Druckluftflaschen das Leben unserer Zuchttiere", erzählt Geßner. Denn der Traum von der Zucht ist immer noch nicht realisiert. Die fast 20 Jahre alten Männchen im Institut sind zwar geschlechtsreif, bei den weiblichen Tieren dauert das jedoch noch mindestens ein Jahr.

Deshalb mussten in den vergangenen Jahren Jungstöre aus Frankreich bezogen werden, um sie in der Elbe sowie der Mulde bei Dessau auszusetzen. "Wir wollen künftig pro Jahr 30 000 Jungfische aussetzen, später sogar bis zu 100 000 Tiere", sagt Geßner.

Gefangen werden dürfen Störe nicht. Sie sind streng geschützt. Angler und Berufsfischer sollten sich die Markierungsnummer notieren und die Fische unversehrt ins Wasser zurücksetzen. Anglervereine und Verbände der Berufsfischer informieren ihre Mitglieder regelmäßig über die gesetzlichen Regelungen. Ein im Mai 2013 bei Dessau eingesetzter Fisch wurde jetzt bereits im Kattegat an der dänischen Küste registriert. Früher diente der Stör nicht nur zur Gewinnung von Kaviar, sein Fleisch war für viele Europäer Ernährungsgrundlage. So wurden im Mittelalter rund um Magdeburg pro Jahr 500 Störe gefangen. Welche Fleischmengen auf die Teller kamen, zeigt ein Fang in Hamburg 1624. Da hatte ein Fischer einen gut fünf Meter langen und 800 Kilogramm schweren Stör an Land gehievt.

In den Aufzuchtbecken des Instituts am Müggelsee tummeln sich inzwischen rund 800 Fische, die in einigen Jahren als Eltern für Störnachwuchs sorgen können. "Wenn alles klappt und meine Nachfolger das Projekt weiterführen, ist der Stör in einem halben Jahrhundert in unseren Gewässern wieder heimisch", glaubt Jörn Geßner. Der 52-jährige Biologe aus Hamburg lebt nun schon zwei Jahrzehnte in Berlin und bemüht sich um die Rettung des imposanten Knochenfischs. Inzwischen hat er auch promoviert, natürlich zum Thema Stör, sowie die Gesellschaft zur Rettung des Störs mitbegründet.

Wissenswertes auch unter www.sturgeon.de.
Ralf Drescher / RD
Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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