Anzeichen von Liebesentzug: RAW-Eigentümer muss sich gegen Kritik zur Wehr setzen

Hans-Rudolf Kurth und sein Sohn Lauritz sind seit April 2015 Eigentümer von rund 52 000 Quadratmeter auf dem RAW-Areal. | Foto: Thomas Frey
  • Hans-Rudolf Kurth und sein Sohn Lauritz sind seit April 2015 Eigentümer von rund 52 000 Quadratmeter auf dem RAW-Areal.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. Ungewöhnlich wohlwollend haben die Mitglieder des Stadtplanungsausschusses im vergangenen November die Pläne der Kurth-Gruppe zur weiteren Entwicklung des RAW-Areals an der Revaler Straße aufgenommen.

Dass dieses Friede, Freude, Eierkuchen nicht ewig anhalten wird, war bereits damals abzusehen. Inzwischen haben sich einige Streitpunkte angesammelt, die in der Ausschusssitzung am 6. April ausgetragen wurden.

Was war passiert? Wie angekündigt, hatte die Kurth-Gruppe, der seit einem Jahr rund zwei Drittel des Geländes gehören, im Februar zum ersten Werkstattgespräch geladen. Verschiedene Akteure konnten dort ihre Meinung zum weiteren Verfahren vortragen. Dabei habe es sich aber weniger um einen offenen Dialog, als vielmehr um eine Plattform für die Interessen des Eigentümers gehandelt, so die Kritik. Manche Initiativen wären erst mit Verspätung, andere sogar gar nicht eingeladen worden wären. Auch von einer neutralen Moderation könne keine Rede sein. Zumindest als alleinige Plattform sei diese Veranstaltung nicht repräsentativ.

Schlechte Kommunikation

Zusätzlich befeuert wurde der Ärger durch schriftliche Statements der von den Kurths beauftragten Kommunikationsagentur Stöbe. Die erklärte zum Beispiel in einer Eigenwerbung, dass sie für das RAW-Gelände ein "ausgeklügeltes Kommunikations- und Partizipationskonzept" entwickelt habe. Nicht nur den Grünen Andreas Weeger brachten solche Sätze auf die Palme: "Wir wünschen uns keine Partizipationskommunikation, sondern eine Partizipation." Andere sahen in den Aussagen einen Beleg dafür, dass sie auseinander dividiert und eingelullt werden solle.

Dass ein PR-Büro, das im Auftrag des Investors handelt, eine andere Sichtweise hat als manche Akteure, ist erst einmal nicht ungewöhnlich. Außerdem wird dort betont, man habe mit der inhaltlichen Gestaltung der Werkstatt überhaupt nichts zu tun. Aber auch diese Causa zeigte, um welch sensibles Terrain es sich beim RAW-Gelände handelt.

Auch den Kurths ist das sicher nicht erst seit den jüngsten Auseinandersetzungen klar geworden. Lauritz Kurth und sein Vater Hans-Rudolf werteten die Vorwürfe vor allem als ungerecht. Sie hätten nicht nur die Dialogveranstaltung initiiert, sondern inzwischen viele Nutzer mit neuen Mietverträgen ausgestattet. Und es bleibe auch dabei, dass sie sich bei ihren Vorstellungen an den Vorgaben der BVV orientieren und deshalb zum Beispiel weiter keinen Wohnungsbau auf ihrem Teil des Areals planen.

Bauvoranfrage für Radsatzdreherei

Stattdessen haben die Eigentümer inzwischen eine Bauvoranfrage für die ehemalige Radsatzdreherei auf der Südseite des Geländes gestellt. Dort sollen Studios und Unterrichtsräume für einen Anbieter aus der Musikbranche entstehen, für weitere Flächen interessiere sich eine Bildungseinrichtung. Die Kurths wollen vor allem deshalb schnell Klarheit, ob der Umbau realisiert werden kann, weil sich das Gebäude in einem maroden Zustand befindet. Das Dach müsse dringend erneuert werden. Investieren würden sie allerdings nur, wenn zuvor die spätere Nutzung klar sei. "Wir können das Gebäude auch abreißen, wenn Sie das wollen", meinte Hans-Rudolf Kurth.

Das scheint aber ebenfalls nicht im Sinn der Bezirkspolitik zu sein. Für die Arbeiten an der Radsatzdreherei wird es wohl eine Genehmigung geben.

Was das weitere Verfahren betrifft, wird verlangt, neben den Werkstattgesprächen weitere Formen der direkten Beteiligung zu schaffen. Hier gibt es bereits die Forderung nach einem "Runden Tisch", der auch von der BVV unterstützt wird. Dort soll es nicht zuletzt um die Zukunft der soziokulturellen Projekte gehen.

Der Runde Tisch war zu Beginn des Jahres vom Five-O-Konsortium angeregt worden. Five-O betreibt die Skatehalle und den Kletterkegel, außerdem den Club Cassiopeia und einen Biergarten. Für die Skater und Kletterer wurde vom Eigentümer weiter ein langfristiger und günstiger Mietvertrag zugesichert, nicht aber für den Club und das Freiluftlokal (wir berichteten). Bei beiden handle es sich um rein kommerzielle Unternehmen, die keine Subventionen benötigen, argumentieren die Kurths. Nur mit deren Gewinnen könnten aber die anderen Angebote querfinanziert werden, kontert Five-O-Chef Tobias Freitag.

Insgesamt gehe es um "Verhandlungen auf Augenhöhe", war immer wieder zu hören. Ein Ergebnis scheint die Debatte inzwischen gebracht zu haben: Das für Ende Mai geplante zweite Werkstattverfahren soll für alle offen sein. tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 261× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 438× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.405× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.234× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.