Wer gegen uns ist, ist gegen den Bezirk: Warum die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg immer gewinnen

Mit diesem und weiteren Plakatmotiven machten die Grünen im Bezirk in der Endphase des Wahlkampfs Front gegen Rechtspopulisten. | Foto: Thomas Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Ja, sie haben auch verloren. Aber relativ gering und auf hohem Niveau. Und mit jetzt 32,7 Prozent bleiben die Grünen in Friedrichshain-Kreuzberg weiter mehr als doppelt so stark wie im Berliner Durchschnitt.

Dabei war von manchen im Vorfeld eine größere Klatsche für die Bündnispartei im Bezirk, je nach Blickrichtung, erwartet, ersehnt oder befürchtet worden. Und mancher Frust, der sich auch in Meinungsäußerungen an die Berliner Woche ausdrückte, hätte dafür als Beweis dienen können. „Auf keinen Fall“ oder sogar „Nie mehr“ würden sie die Grünen wählen, erklärten nicht Wenige und listeten verschiedene Gründe für diesen Liebesentzug auf. Von angeblich intransparenter Bürgerbeteiligung bis zu den Aufregern, wie dem Görlitzer Park oder der Gerhart-Hauptmann-Schule.

Aber entweder haben es sich diese Leute doch noch weitgehend anders überlegt. Oder sie gingen unter in der Masse von am Ende mehr als 40.000 Stimmen, die am 18. September auf Bezirksebene bei der Bündnispartei registriert wurden. In absoluten Zahlen waren das sogar mehr als bei der Wahl 2011. Und auch in vier der fünf Wahlkreise für das Abgeordnetenhaus hatten die Grünen wieder die Nase vorn.

Da stellt sich natürlich die Frage, wie es trotz manchen Konflikten zu diesem Ergebnis gekommen ist. Denn richtig ist ja wirklich, dass die alte und neue führende Kraft im Bezirk in den vergangen Jahren nicht immer eine gute Figur abgegeben hat. Bei den Auseinandersetzungen um die Hauptmann-Schule stand sie im Sommer 2014 sogar vor einer Zerreißprobe.

Image des "Gallischen Dorfes" wird bewusst gepflegt

Das hat aber entweder keine so große Rolle gespielt oder wurde längst verziehen. Etwas anderes war wohl entscheidender. Denn die Grünen haben es abseits oder vielleicht gerade wegen mancher Kapriolen schon lange geschafft, sich als die Friedrichshain-Kreuzberg-Partei zu positionieren. Sie pflegen genüsslich das Image des „Gallischen Dorfs“, wo eben manches anders läuft, als sonst in Berlin. Bunt, links, multikulturell, liefern dazu die Schlagworte.

Hilfreich ist dabei natürlich ein passender Gegner. Der Versuch des bisherigen Innensenators Frank Henkel (CDU) „Friedrichshain-Kreuzberg zum Truppenübungsplatz zu machen“, habe sich für seine Partei weder im Bezirk, noch in Berlin ausgezahlt, blies Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) am Wahlabend in Erinnerung an die Vorkommnisse in der Rigaer Straße, noch einmal in dieses Horn. Auch sonst wurde in den zurückliegenden Jahren gerne die Landesebene dafür verantwortlich gemacht, wenn in Friedrichshain-Kreuzberg irgend etwas nicht funktionierte. Da konnte sich die SPD noch so sehr darüber aufregen und der Bürgermeisterin eine „permanente Opposition“ vorwerfen, die Gleichung der Grünen ging trotzdem wieder auf. Die lautet, grob gesagt: Wer gegen den Bezirk ist, der ist auch gegen uns.

Loftbesitzer und Gentrifizierungsgegner wählen die Grünen

Denn wer hier wohnt, fühlt sich eben häufig diesem Lebensgefühl verbunden. Ganz egal, ob es sich dabei um Alteingesessene oder Zuzügler handelt und unabhängig von der persönlichen oder finanziellen Situation. So schaffen es die Grünen, sowohl die Stimme des schicken Loftbesitzers einzusammeln, als auch von den Menschen, die gegen diese „Gentrifizierung“ protestieren.

Natürlich muss das nicht bedeuten, dass sich dieser Spagat ewig aufrecht erhalten lässt. Schon in den kommenden Jahren könnte es für die Partei schwieriger werden, wenn sie, wie erwartet, auch in den Senat eintritt und damit das schwarze Peter-Spiel zwischen Bezirk und Land zumindest nicht mehr so einfach geht. Und manche Auseinandersetzungen, die es zuletzt in Friedrichshain-Kreuzberg gab, sind ebenfalls noch längst nicht befriedet. Dazu kommt eine, trotz klarer Führungsposition, unübersichtlichere BVV.tf

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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