Dem Grünen kann der Absturz seiner Partei wenig anhaben

Hans-Christiamn Ströbele wurde zum vierten Mal direkt in den Bundestag gewählt. | Foto: Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Er hat auch verloren. Aber auf hohem Niveau. Statt mehr als 46 Prozent, wie vor vier Jahren, bekam Hans-Christian Ströbele (Bündnis90/Grüne) bei der Bundestagswahl nur noch knapp 40 Prozent. Ein Ergebnis, das aber immer noch fast doppelt so hoch liegt, wie der Zweitstimmenanteil für seine Partei im Wahlkreis.

Denn da sind die Grünen richtig abgestürzt und landeten mit etwas mehr als 20 Prozent nur noch auf Platz drei. Ströbele war dagegen von dieser Talfahrt nur am Rande betroffen. Er holte damit zum vierten Mal hintereinander das Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost.Ströbele ja - seine Partei nur noch bedingt, wie ist dieses Resultat zu bewerten? Wie erklärt er sich das selbst? "Ich bin eben ein toller Junge", kommentiert er die Frage zunächst spontan ironisch. Um dann auf seinen Einsatz, nicht nur im zurückliegenden Wahlkampf zu verweisen. Während der Kampagne sei er mehrmals pro Woche auf den Straßen und in den Kneipen unterwegs gewesen. Da habe er auch schon gemerkt, dass er als Person weiter großen Zuspruch finde, die Grünen aber teilweise kritischer gesehen werden.

Was wiederum mit der Wahrnehmung zu tun hat, die die Menschen von Ströbele haben. Wohin er politisch gehört, scheint zwar jedem klar zu sein, für irgendwelchen Frust im Bezirk wird er aber nicht in Haftung genommen. Im Gegenteil, er erscheint dann als Retter in der Not. Der Mann, der sich um alle Mühseligen und Beladenen kümmert und per Fahrrad von einem Brennpunkt zum nächsten unterwegs ist. Dieser Nimbus hat sich festgesetzt und er ist der Schlüssel, um das Phänomen Ströbele zu verstehen. Ströbele weiß natürlich, wie er diese Einschätzung konkret unterfüttern muss. Auch sein Wahlkampf spielte mit dieser Robin-Hood-Attitüde. Wieder gab es ein gezeichnetes Plakat, auf dem der aufrechte Kandidat zu sehen ist, der gegen vielerlei Missstände zu Felde zieht.

Dieses Bild hat sich bereits bei seiner ersten Kampagne im Jahr 2002 verfestigt. Damals wollten ihm die Grünen keinen Platz auf ihrer Landesliste einräumen. Ströbele drehte diese Abfuhr ins Gegenteil und erklärte seinen Verbleib im Bundestag zum Bürgervotum gegen das Partei-Establishment. "Ströbele wählen heißt Joschka Fischer quälen" war damals einer der Sprüche seiner Kampagne, die mit dem Einzug ins Parlament endete. Seither verzichtet er von vornherein auf einen Listenplatz und will ausschließlich direkt gewählt werden.

Dabei war dieses Mal lange nicht sicher, ob er überhaupt noch einmal antritt. Im Sommer 2012 war Hans-Christian Ströbele an Prostatakrebs erkrankt und machte seine Kandidatur zunächst davon abhängig, ob er wieder völlig gesund werde. Als er die Krankheit überstanden hatte begründete der 74-Jährige die erneute Bitte um ein Mandat unter anderem mit vielen Aufgaben, die er im Bundestag noch zu erledigen habe. Von den Untersuchungsausschüssen zu NSU und NSA über ein verändertes Mietrecht und andere Belange, die auch den Bezirk direkt betreffen.

Aussagen, die wahrscheinlich auch auf das eine oder andere Gemurmel bei den Grünen gemünzt waren. Denn zumindest hinter vorgehaltener Hand fragten dort manche, ob es nicht vielleicht so langsam einmal Zeit für einen Wechsel sei.

Spätestens nach dem Wahlabend sind solche Töne wahrscheinlich verstummt. Denn der Partei wurde vorgeführt, dass sie ohne diesen Kandidaten derzeit nur die Hälfte wert ist.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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