Der neue Sozialstrukturatlas und seine Ergebnisse für den Bezirk

Noch heißt die Bona-Peiser-Bibliothek Besucher willkommen. Nach den bisherigen Plänen soll sie im September geschlossen werden. | Foto: Frey
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Friedrichshain-Kreuzberg. Der Bezirk ist nicht mehr das Armenhaus von Berlin. Allerdings gilt das nicht flächendeckend. Das geht aus dem neuen Berliner Sozialstrukturatlas, der am 28. Februar vorgestellt wurde, hervor.

Denn nach dem knapp 300 Seiten dicken Werk hat sich der Bezirk in puncto soziale Lage seit der letzten Erhebung im Jahr 2008 um zwei Plätze von Rang zehn auf Rang acht verbessert. Vor zehn Jahren bildete Friedrichshain-Kreuzberg sogar noch das Schlusslicht.

Anders sieht es allerdings in einigen Kiezen aus. Auf dem letzten Platz der insgesamt 419 untersuchten Berliner Sozialräume befindet sich der Moritzplatz. Nicht viel besser schnitten die Gebiete um den Wassertor-, Mehring- und Oranienplatz ab. Allesamt Quartiere im Kreuzberger Norden.

Für den Sozialstrukturatlas ausgewertet wurden insgesamt 66 Indikatoren zu den Lebensumständen der Bevölkerung. Es ging um Beschäftigung und Einkommen, Bildungsstand, Altersstruktur, Gesundheit oder Pflegebedürftigkeit. Selbst der Anteil der Raucher fand Eingang. Und erstmals auch die Situation von Kindern. Die Ergebnisse seien eine wichtige Grundlage für künftige Planungen, erklärte Sozialsenator Mario Czaja (CDU). Nicht nur in den Bereichen Gesundheit und Soziales, sondern auch für Jugend, Schule oder Stadtentwicklung.

Demnach gibt es vor allem am Moritzplatz noch eine Menge zu tun. Die rote Laterne erhielt dieser Kiez vor allem wegen seiner überdurchschnittlich hohen Zahl an Transferleistungsempfänger. 75 Prozent der Kinder in diesem Gebiet leben in Haushalten, die auf Hartz IV oder andere staatliche Unterstützung angewiesen sind. Im Berliner Durchschnitt sind es 28,7 Prozent.

Dabei hatte es in der Gegend zuletzt einige positive Veränderungen gegeben. Mit der Eröffnung des Aufbau-Hauses 2011 kam das vorher eher vergessene Quartier stärker in den Blickpunkt. Vis-á-vis davon etablierte sich der Prinzessinnengarten als Naturoase mitten in der Großstadt. Aber abgesehen davon, dass der Atlas auf Zahlenmaterial beruht, das inzwischen gut zwei Jahre alt ist, scheinen diese Leuchttürme wenig Einfluss auf die Lebensumstände, etwa der Bewohner in der Otto-Suhr-Siedlung, zu haben. Hier herrscht eher das Gefühl vor, weiter abgehängt zu werden. Deutlich wurde das durch den Beschluss des Bezirksamtes, die Bona-Peiser-Bibliothek in der Oranienstraße zu schließen. Dagegen formiert sich inzwischen Protest. Anwohnerin Marianne Hopfer hat eine Unterschriftenaktion für den Erhalt des Standorts gestartet. "Die Bibliothek ist der einzige Treffpunkt, der uns noch geblieben ist. Gerade für die vielen Menschen, die wenig Geld haben", meinte sie bereits vor einigen Wochen.

Dass Friedrichshain-Kreuzberg trotz Beispiele wie am Moritzplatz aufgestiegen ist, liegt an der deutlich verbesserten Lage in zahlreichen anderen Quartieren. Etwa dem Wrangelkiez. Er gehörte noch 2008 und erst recht 2003 zu den Gebieten, die am Ende der Tabelle rangierten. Inzwischen nähern sich die Prognosen dort immer mehr dem Berliner Durchschnitt an. Spitzenreiter unter den 24 untersuchten Sozialräumen im Bezirk ist die Stralauer Halbinsel.

Auch insgesamt hat Friedrichshain besser abgeschnitten als Kreuzberg, was auch durch die Weberwiese und dem Richard-Sorge-Viertel auf den nächsten Plätzen unterstrichen wird. Auf Rang vier folgt mit dem Viktoriapark der erste Kiez in Kreuzberg. Ein wichtiger Grund für die Tendenz ist der seit einigen Jahren starke Zuzug von oft jungen, meist gut ausgebildeten und häufig solventen Neubürgern.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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