Julie Marchewkas besonderer Baum

Julie Marchewka an ihrem Wunschbaum im Volkspark Friedrichshain. | Foto: Frey
  • Julie Marchewka an ihrem Wunschbaum im Volkspark Friedrichshain.
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Friedrichshain. Jule und Henriette (beide 14) sind nicht die einzigen, die an diesem Nachmittag hier stehen bleiben. "Eine tolle Idee", finden die beiden. "Aber wem ist sie eingefallen?"

Auf die Antwort müssen sie nicht lange warten. Nur wenige Meter von ihnen entfernt steht Julie Marchewka. Sie ist die Erfinderin des Wunschbaums im Volkspark Friedrichshain, der dort seit Mitte Juli für Aufmerksamkeit sorgt und eifrig genutzt wird. Der Baum hängt voller Zettel, auf denen Menschen ihre Wünsche aufgeschrieben haben. Ganz Persönliches findet sich ebenso darunter wie Allgemeines. "Ich wünsche mir, dass meine Eltern wieder zusammen kommen", hat ein Kind dort hinterlassen. "Auf jedes Dach eine Solaranlage", möchte ein wahrscheinlich erwachsener Schreiber.

Endlich ein Baby bekommen, Erfolg im Beruf, alles Gute zum Start in der Kita, steht auf weiteren Blättern. Jule und Henriette wünschen sich, dass das neue Schuljahr ganz gut verläuft. "Und die große Liebe."

Julie Marchewka ist beeindruckt über das große Interesse. "Ich habe viel darüber gelesen, dass Wunschbäume in Japan eine große Tradition haben und fand das toll", erklärt sie den Ausgangspunkt für ihre Idee. Bei ihren Vorsätzen für das neue Jahr beschloss die Buchhändlerin, ähnliches auch in Friedrichshain zu verwirklichen. Da sie in der Nähe des Volksparks wohnt, war die Suche nach geeigneten Objekten nicht allzu schwierig. Das Rennen machte eine Buche, die sich am Weg entlang der Grillwiese, unweit des Märchenbrunnens, befindet. "Ihre Äste ragen so weit nach unten, dass man gut einen Zettel anbringen kann." Vor etwa sechs Wochen weihte sie den Wunschbaum mit ihrer ersten Botschaft ein. Es soll mit dem erhofften Studienplatz in Psychologie klappen, stand darauf. Gleichzeitig machte Julie Marchewka ihre Aktion auf ihrem Blog "Julies schöne neue Welt" bekannt. "Schon am nächsten Morgen waren zahlreiche Zettel angebracht."

Wie erklärt sie sich den Erfolg? Zeigt er, dass Menschen noch immer abergläubisch sind? "Ich glaube nicht, dass das der Grund ist. Eher denke ich, den Leuten gefällt es einfach. Und sie sind wahrscheinlich der Meinung, es schade nichts, wenn sie hier einen Wunsch äußern."

Drei Tage in der Woche ist die 26-Jährige bei schönem Wetter im Park und beobachtet "ihr" Publikum meist aus einer gewissen Entfernung. "Viele registrieren den Baum zunächst, laufen aber erst mal einige Meter weiter. Ehe sie dann umkehren und sich alles genauer ansehen." Häufig werden dann bereits die ersten Wünsche formuliert. Das wird ihnen leicht gemacht, denn Julie Marchewka sorgt dafür, dass immer genügend Schreibmaterial und Stifte an der Buche vorrätig sind. Manche Besucher gehen auch zunächst nach Hause und kommen später mit einem bereits fertigen Text auf eigenem Papier wieder. Auf den Blättern stehen manchmal nur wenige Worte, manchmal finden sich dort kleine Briefe. "Jüngere Menschen denken meist an sich und ihre Zukunft. Ältere blicken zurück und wünschen oft etwas für andere", hat die 26-Jährige festgestellt. Die Botschaften sind nicht nur auf Deutsch, sondern auch in vielen anderen Sprachen abgefasst. Und die verschiedenen Farben der Zettel sorgen für einen bunten Blätterwald.

Bis zu 500 Wünsche hätten sich teilweise gleichzeitig an der Buche befunden, sagt Julie Marchewka. Wie lange sie dort hängen bleiben, ist stark wetterabhängig. Bei Sonne und Wind überleben sie locker mehrere Tage, bei Regen und Sturm manchmal nur wenige Stunden.

Damit sie keinen Ärger bekommt, räumt Julie Marchewka regelmäßig die herumliegenden Papierreste weg. Was noch leserlich ist, befestigt sie am Stamm. Denn das Grünflächenamt hat durchblicken lassen, dass es die Aktion so lange duldet, wie sich dort kein Müll ansammelt.

Ein Datum, wann die letzten Zettel an den Baum gehängt werden können gebe es nicht, sagt die Initiatorin. "Ich höre auf, wenn keine weiteren Wünsche mehr kommen." Damit meint sie weniger, dass den Menschen in dieser Richtung nichts mehr einfällt. Eher bezieht sich das auf die nahende kältere Jahreszeit.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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