Ralf Eggebrecht: Meine Woche in Friedrichshain

Ralf Eggebrecht ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter. | Foto: Frey
  • Ralf Eggebrecht ist ehrenamtlicher Sterbebegleiter.
  • Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. In unregelmäßiger Reihenfolge lassen wir Menschen aus Friedrichshain über ihr Leben und ihre Arbeit erzählen. Heute berichtet Ralf Eggebrecht (63), ehrenamtlicher Sterbebegleiter, wie seine Woche verläuft.

Am 7. März beginnt im Seniorenwohnheim "Am Kreuzberg" des Unionhilfswerks in der Fidicinstraße ein weiterer Kurs für Menschen, die als Sterbebegleiter arbeiten wollen. Im vergangenen Jahr habe ich diesen Vorbereitungskurs besucht. Monatlich gibt es Fortbildungen, an denen ich weiter teilnehme.

Ich war früher bei der BVG beschäftigt und wohne seit 35 Jahren in Friedrichshain. In meinem Ruhestand wollte ich mich irgendwo ehrenamtlich engagieren. Der Grund, warum ich Sterbebegleiter geworden bin, war ein schweren Schicksalsschlag in unserer Familie. Vor zwei Jahren ist mein Schwager an Krebs gestorben. Lange kam ich damit nicht zurecht. Es stellen sich viele Fragen. Etwa die, welche Hilfe man jemand vor seinem Tod noch geben kann. Antworten, nicht nur darauf, habe ich in den Kursen gefunden.

Konkret sieht meine Arbeit so aus, dass ich mich zwei Mal in der Woche, jeweils zwei, drei Stunden um Menschen kümmere, die in ihre letzte Lebensphase eingetreten sind.

Als erstes habe ich 2013 eine 91-jährige Frau mit mittlerer Demenz betreut. Wir haben viel gesprochen, ich habe mich für ihre Biographie interessiert und mit Hilfe alter Fotos hat sie darüber erzählt. Wer an Demenz leidet, erinnert sich vor allem an die Vergangenheit. Sie sollte zum Nachdenken angeregt werden und sich mit etwas beschäftigen. Vor allem ging es aber darum, ihr das Gefühl zu vermitteln, dass man ganz für sie da ist. Kleine Aufmerksamkeiten können das unterstützen. Ein Blumenstrauß oder ein Essen, das sie gerne mag. Ihre letzte Etappe wollen wir diesen Menschen so schön wie möglich machen.

In den ersten Wochen ging es der Frau noch einmal ganz gut. Sogar regelmäßige Spaziergänge konnten wir unternehmen. Ehe sie dann rapide abbaute und im Herbst gestorben ist. In den Stunden vor ihrem Tod habe ich bei ihr Sitzwache gehalten.

Durch einen so engen Kontakt lernt man auch die Lebensumstände und Familienverhältnisse kennen. Hier war es so, dass die Kinder jede Verbindung abgebrochen haben und daran bis zuletzt nichts ändern wollten. Anders als bei der 83-Jährigen Frau, die ich danach betreut habe. Als es bei ihr auf das Ende zuging, war die Familie versammelt.

Ich denke, dass unsere Arbeit in den kommenden Jahren noch wichtiger wird. Die Menschen werden älter. Der Tod wird gerne verdrängt. Aber ob wir wollen oder nicht, wir alle müssen uns irgendwann mit diesem Thema beschäftigen.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 1.264× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.378× gelesen
  • 1
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 2.330× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 2.289× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.