Wie bürgerschaftliches Engagement konterkariert wird

Karsten Frank vor dem Portal an der Knorrpromenade. | Foto: Frey
  • Karsten Frank vor dem Portal an der Knorrpromenade.
  • Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Friedrichshain. Bei vielen Wünschen und Forderungen von Bürgern geht es häufig um Geld, das ihnen die öffentliche Hand zur Verfügung stellen soll. Meist sind die Mittel dafür aber nicht vorhanden. Genau umgekehrt und deshalb etwas kurios, ist die Geschichte, die sich derzeit an der Knorrpromenade abspielt.

Dort bemüht sich der Verein KiezGestalten seit mehr als einem Jahr darum, das sanierungsbedürftige Portal am Eingang zur Wühlischstraße wiederherzustellen. Die Mitglieder trommelten für ihr Vorhaben, ließen von einem Architekten unentgeltlich Pläne anfertigen und starteten Benefizaktionen. Dafür bekamen sie große Unterstützung aus dem Quartier und darüber hinaus. Mehr als 30 000 Euro sind mittlerweile an Spendenzusagen zusammen gekommen. Insgesamt schätzt KiezGestalten die Kosten für die Sanierung auf 50 000 Euro. Sie soll im kommenden Jahr beginnen.Das wird wahrscheinlich auch passieren, allerdings unter etwas anderen Voraussetzungen, als es sich der Verein vorgestellt hat. Denn inzwischen hat der Bezirk das Vorhaben an sich gezogen und zwar ohne darüber die engagierten Bürger zu informieren, geschweige denn, sich mit ihnen abzustimmen.

"Wir haben nur durch Zufall erfahren, dass dafür 100 000 Euro aus Landesmitteln bereit stehen", erzählt Initiator Karsten Frank. "Auf Nachfragen beim Bezirksamt wurde uns das bestätigt und mitgeteilt, dass die Bauplanungsunterlagen sehr schnell fertiggestellt werden müssen. Damit wurde auch begründet, warum man uns bisher leider nicht davon in Kenntnis setzen konnte."

Dabei ist auch der Geldsegen, wenngleich in dieser Größenordnung nicht erwartet, ebenfalls Karsten Frank zu verdanken. "Ich hatte im vergangenen Frühjahr ein Gespräch mit einem Mitarbeiter des Landesdenkmalamtes. Der war von unserer Idee sehr angetan und versprach, er werde sich um eine mögliche finanzielle Unterstützung kümmern."

KiezGestalten freute sich darüber natürlich, ging aber eher davon aus, dass damit im Höchstfall ein Zuschuss, etwa zum Ausgleich der Differenz zwischen den schon selbst akquirierten Mitteln und der tatsächlichen Bausumme gemeint war. Umso überraschender dann die Nachricht, dass das Land einen weitaus höheren Betrag zur Verfügung stellt.

Richtig verärgert sind Frank und seine Mitstreiter aber darüber, dass sie deshalb in den weiteren Planungen anscheinend keine Rolle mehr spielen sollen. "Der Bezirk hat inzwischen einen Architektenwettbewerb initiiert, bei dem unser Architekt nicht einmal zu einer Beteiligung aufgefordert wurde." KiezGestalten will außerdem wissen, wofür die 100 000 Euro konkret gebraucht und verwendet werden sollen. "Wir schlagen vor, damit auch die beiden im April 1945 zerstörten Schmucktore am anderen Ende der Knorrpromenade wieder aufzubauen." Des Weiteren könnte dort eine Gedenktafel angebracht werden, die an die 40 Toten dieser Bombennacht erinnert.

Darüber und über das weitere Vorgehen erwartet der Verein möglichst schnell ein Gespräch mit dem Bezirksamt. Derzeit, so fasst Karsten Frank zusammen, "haben wir das Gefühl, als hätten wir unsere Schuldigkeit getan."

Das bestreitet Axel Koller, Leiter der Abteilung Tiefbau und Landschaftsplanung. "Wir kannten natürlich die Initiative, aber wussten nicht, dass sie schon Spenden gesammelt und einen Architekten an der Hand hatte." Von dem Geldsegen aus dem Senat sei auch seine Abteilung positiv überrascht worden, "gleichzeitig wurde uns eine enge Frist gesetzt, um alles in die Wege zu leiten." Dass KiezGestalten nicht unterrichtet wurde, habe im Nachhinein einen falschen Eindruck erweckt, "für den ich mich entschuldigt habe."

Koller macht aber gleichzeitig klar, dass das Projekt jetzt in der Verantwortung der öffentlichen Hand liege. Experten werden nun auch die exakten Kosten ermitteln. "Das können 100 000 Euro sein, aber auch weniger oder mehr." Für die Initiative mag das so aussehen, als sei sie jetzt außen vor. "Aber letztendlich wird doch ihr Anliegen erfüllt, nämlich die Sanierung des Portals." Außerdem, so kündigt er an, werde es im Februar ein Gespräch mit dem Verein geben.

"Uns ging es nicht allein um die Knorrpromenade, sondern um ein Beispiel, was bürgerschaftliches Engagement erreichen kann", meint Karsten Frank. Viele Probleme ließen sich lösen, wenn sich Menschen in Eigenregie darum kümmern. "Wird ihnen diese Möglichkeit aus der Hand genommen, dann sinkt die Bereitschaft, sich für etwas sinnvolles einzusetzen."

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 101× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 541× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 504× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 457× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 480× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.