Gewinner und Verlierer: Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße in der Diskussion

Selbst jetzt im Winter befinden sich vor vielen Lokalen an der Simon-Dach-Straße Außenplätze. Aktuell sind sie weniger ein Problem. Ab Mai soll sich spätestens ab Mitternacht dort niemand mehr aufhalten. | Foto: Thomas Frey
2Bilder
  • Selbst jetzt im Winter befinden sich vor vielen Lokalen an der Simon-Dach-Straße Außenplätze. Aktuell sind sie weniger ein Problem. Ab Mai soll sich spätestens ab Mitternacht dort niemand mehr aufhalten.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Es war nicht anders zu erwarten. Kaum hatte der Bezirk verkündet, zum 2. Mai eine sogenannte Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße auszusprechen, begann die Debatte darüber.

Sie kreist vor allem um zwei Fragen: Zum einen, ob dieses Vorgehen fair ist und zum anderen, ob es wirklich etwas bringt.

Mangelnde Fairness beklagen vor allem betroffene Gastwirte. Wer sein Lokal an der Simon-Dach-Straße hat, muss seinen Außenausschank unter der Woche um 23 Uhr beenden. Am Wochenende möglicherweise um 24 Uhr. Für Kneipen und Restaurants nur einige Meter entfernt gilt das nicht.

Das kritisiert auch Karola Vogel, allerdings aus entgegengesetzter Warte. Sie ist Sprecherin der Anwohnerinitiative "Die Anrainer", die schon lange gegen den nächtlichen Lärm zu Felde zieht. Ihr geht das geplante Vorgehen nicht weit genug. "Ich als Anwohnerin in der Simon-Dach-Straße habe jetzt vielleicht mehr Ruhe. Nicht aber die Betroffenen in den anderen Straßen."

Die Allgemeinverfügung war im vergangenen Sommer durch zwei Anträge der Linkspartei und der CDU gefordert worden. Beide hatten sich dabei auf den gesamten Simon-Dach-Kiez bezogen. Warum davon nur die Simon-Dach-Straße übrig geblieben ist, erklärt Wirtschafts- und Ordnungsstadtrat Andy Hehmke (SPD) mit der Personalsituation im Ordnungsamt. Einen größeren Bereich lasse der aktuelle Mitarbeiterbestand nicht zu. Es bringe deshalb nichts, zwar ein größeres Gebiet auszuweisen, dort dann aber kaum kontrollieren zu können.

Wobei Hehmke insgesamt darauf verwies, dass es sich bei der jetzt vorgesehenen Allgemeinverfügung um eine Art Pilotprojekt handlt. Dort sollen Erfahrungen gesammelt werden. Zumindest nicht ausgeschlossen sei, auch weitere Bereiche unter diesen Status zu stellen. Etwa, wenn sich Verdrängungstendenzen zeigen würden, also viele Nachtschwärmer in Nebenstraßen oder andere Quartiere abwandern. Weitere Allgemeinverfügungen sind deshalb nicht nur im Simon-Dach-, sondern auch in anderen Kiezen möglich.

Nicht die einzige Lärmquelle

Doch wie zielführend ist der reduzierte Außenausschank überhaupt? Nicht nur die Gastwirte verweisen darauf, dass sie weder die einzige und schon gar nicht die größte nächtliche Lärmquelle seien. Weitaus mehr Radau gebe es zum Beispiel vor den Spätkauf-Läden. Dort und nicht in ihren Lokalen decke sich vor allem das jugendliche Publikum größtenteils mit Getränken ein. Für weitere Geräuschkulisse sorgen Besuchermassen auf der Straße. Sie seien ebenfalls nicht den Freiluftbetrieben zuzuordnen.

Auch andere Ideen würden in der AG fair.kiez weiter diskutiert, sagt Stadtrat Hehmke. Weiter überlegt werde zum Beispiel, ob es möglich ist, den Eingang zum RAW-Gelände am südlichen Ende der Simon-Dach-Straße zu schließen. Das Partyareal ist das Ziel vieler Feierwütiger. Die, so die Hoffnung, würden dann auf anderen Wegen dorthin kommen, was ebenfalls den Lärm reduziere.

Auch höhere Straßenbenutzungsgebühren für den Außenausschank wurden ins Spiel gebracht. Es könne nicht sein, dass Vermieter der Lokale die Freiluftplätze bereits in ihre Mietforderungen einpreisen. Aber abgesehen davon, dass der Senat die Kosten für das Nutzen von Straßenland festsetzt, könnte so eine Erhöhung gerade die Falschen treffen. Nämlich kleinere, inhabergeführte Lokale und wahrscheinlich weniger große Ketten.

Die Allgemeinverfügung ist deshalb nur ein Instrument, um für weniger Lärm zu sorgen. Dass sie jetzt kommen soll, hängt sicher auch mit den immer wieder erhobenen Vorwürfen zusammen, der Bezirk mache nichts oder zu wenig, um die betroffenen Bürger zu schützen. Karola Vogel hat ihn auch nach Bekanntgabe dieses Vorgehens noch einmal erhoben.

Ruhe, aber keine Friedhofsruhe

Sie erhielt danach Gegenwind von Umweltstadträtin Clara Herrmann (Bündnis90/Grüne). Friedrichshain-Kreuzberg setze sich schon lange für ein nachhaltiges Tourismuskonzept ein, was jetzt endlich auch im Senat angekommen sei. Und sie plädierte zwar ebenfalls für mehr Ruhe, aber nicht für Friedhofsruhe. "Wir genießen es ja auch, an einem schönen Abend noch draußen einen Wein oder sonst was zu trinken."

Aber in der Simon-Dach-Straße ab Mai nur noch bis 23 oder höchstens 24 Uhr. Dadurch werde gleichzeitig der bisherige "Flickenteppich" unterschiedlicher Außenausschankzeiten zumindest dort beendet, strich Andy Hehmke heraus. Gerade die Polizei begrüße das. Was aber auch bedeute, "es wird Gewinner und Verlierer geben".

Selbst jetzt im Winter befinden sich vor vielen Lokalen an der Simon-Dach-Straße Außenplätze. Aktuell sind sie weniger ein Problem. Ab Mai soll sich spätestens ab Mitternacht dort niemand mehr aufhalten. | Foto: Thomas Frey
Allgemeinverfügung oder nicht, ist oft eine Frage von wenigen Metern. Für die Simon-Dach-Straße soll sie gelten, anders als für Nebenstraßen wie die Krossener Straße. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 165× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 348× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.317× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.149× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.