Buch über Hansaviertel und Karl-Marx-Allee als erster Schritt zum Weltkulturerbe

Das Niemeyerhaus von der Altonaer Straße aus gesehen, entstanden 1956-57. | Foto: KEN
3Bilder
  • Das Niemeyerhaus von der Altonaer Straße aus gesehen, entstanden 1956-57.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Mitte. In Berlin gehören die Museumsinsel und sechs Wohnsiedlungen der Moderne zum Weltkulturerbe. Jetzt sollen noch das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee auf die Liste der Unesco. Ein „Volksbuch“ ist der erste Schritt auf dem Weg zum Welterbe-Antrag. Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat es in der Akademie der Künste am Hanseatenweg vorgestellt.

Es werde ein steiniger und langer Weg bis zum Weltkulturerbe und man brauche einen langen Atem, meinte Lederer. Ein erster Versuch, überhaupt auf die deutsche Vorschlagsliste, die sogenannte Tentativliste, zu kommen, ist nämlich gescheitert. Der Antrag sei zurückgegeben worden „zum Nachsitzen, Nachbereiten, nochmaligen Nachdenken“, meint Jörg Haspel. Berlins Landeskonservator ist Herausgeber von „Karl-Marx-Allee und Interbau 1957. Konfrontation, Konkurrenz und Koevolution der Moderne in Berlin“.

Jetzt wird ein zweiter Anlauf unternommen. „Das Buch wird nicht das einleitende Kapitel zum Antrag sein“, sagte Thomas Flierl, Linken-Politiker, Ex-Senator und zweiter Herausgeber dieses 47. Bandes der „Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin“. Die circa 142 Seiten starke, mit zahlreichen farbigen Abbildungen versehene Publikation solle vielmehr das Buch zum Antrag sein, der Antragsinitiative, so Flierl weiter. Es ist nicht für eine Fachöffentlichkeit bestimmt, sondern für ein breites Publikum. Es beinhaltet Grußworte, verständlich geschriebene, fachwissenschaftliche Aufsätze, einen Denkmalkatalog, in dem die Bauten der Architekturantipoden beschrieben und abgebildet sind. Und es kommen Bürger zu Wort.

Denn den Weltkulturerbeantrag für das „doppelte Berlin“, Ergebnis der geteilten Stadt, zu deren prominentesten Doppelungen das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee gehören, haben bürgerschaftlich engagierte Berliner angestoßen: der Bürgerverein Hansaviertel, der Verein der Freunde des Corbusier-Hauses in Charlottenburg (auch diese Wohnmaschine in der Flatowallee wird einbezogen), der Verein „Die Allee“ und die Hermann-Henselmann-Stiftung, deren Vorsitzender Flierl ist. „Wir hoffen auf eine breite Resonanz“, so Thomas Flierl, der das Buch auch für Stadtspaziergänge empfiehlt.

Die Besonderheit der Veröffentlichung hob Senator Lederer hervor: „Die Projekte im Osten und die Projekte im Westen werden nicht jeweils für sich betrachtet. Sie werden als gemeinsames Kulturerbe, als gemeinsames Zeugnis einer einmaligen weltpolitischen Lage betrachtet, als sich in einer Stadt zwei Systeme feindlich gegenüberstanden.“

Im Westen das Hansaviertel als „Schaufenster der Freiheit“, so der Architekturhistoriker Wolfgang Pehnt in seinem Buchbeitrag, im Osten die zwei Kilometer stalinistisch-neoklassizistische Monumentalarchitektur. Für die damalige Zeit waren die Neungeschosser der „ersten sozialistischen Straße in Deutschland“ modern ausgestattet: mit Aufzug, Müllschlucker, Zentralheizung, Parkettboden. Wovon diese „Paläste für das Volk“ in ihrem reichen Fassadenschmuck aus Meißener Keramik nicht erzählen, ist die Revolte ihrer Bauarbeiter, die sich zum Aufstand auswuchs und am 17. Juni 1953 mithilfe sowjetischer Panzer niedergeschlagen wurde. Danach wurde bis 1965 weitergebaut.

Berlin und seine Akteure im Hansaviertel, in Charlottenburg, Mitte und Friedrichshain haben jetzt rund fünf Jahre Zeit, um der Kultusministerkonferenz deutlich zu machen, weshalb dieses doppelte Berlin Teil ihres kulturellen Gedächtnisses sein soll. „Das ist ein sehr hoher, hehrer Anspruch“, sagte Jörg Haspel. KEN

Das Buch ist im Hendrik Bäßler Verlag Berlin erschienen (ISBN: 978-3-945880-24-1, 19,90 Euro).
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 242× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 209× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 126× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 236× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.569× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.