"Sind Sie von der Autoindustrie bezahlt?"

Weniger Durchgangsverkehr soll es in diesem Abschnitt der Waldemarstraße geben. | Foto: Frey
  • Weniger Durchgangsverkehr soll es in diesem Abschnitt der Waldemarstraße geben.
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Kreuzberg. Das Anliegen stieß auf offene Ohren. Auch die Vorschläge der betroffenen Bürger sollten zumindest geprüft werden. Trotzdem war das Ende der Debatte im Ausschuss für Umwelt und Verkehr einigermaßen frostig.

Grund war ein Zwischenruf von Rudolf Speth, einem der Vertreter der Bürgerinitiative, die sich für eine Verkehrsberuhigung in der Waldemarstraße einsetzt. Das gleiche Anliegen vertraten auch Anwohner in einem Abschnitt der Dresdner Straße, die dort am liebsten gar keinen Durchgangsverkehr mehr sehen wollen.

Als Peter Hoffleit, Leiter der Straßenverkehrsbehörde des Bezirks, einwandte, dass auch das motorisierte Passieren von Straßen eine Art Bürgerrecht darstelle, ging ihn Speth frontal an: "Sind Sie von der Autoindustrie bezahlt?", schleuderte er Hoffleit entgegen. Der Verkehrsverantwortliche, nicht unbedingt der Liebling vieler Ausschussmitglieder, erhielt nach dieser Attacke ungewohnte Solidarität. Auch Baustadtrat Hans Panhoff (Bündnis 90/Grüne) geriet in Rage: "Das Mindeste, was jetzt angebracht wäre, ist eine Entschuldigung." Die gab es dann auch.

Vor diesem finalen Scharmützel waren die Ausführungen von Rudolf Speth und seinen Mitstreitern mit Interesse verfolgt worden. Auch wenn schon während der Debatte deutlich wurde, dass sich hier, wie in vielen Fällen, subjektive Befindlichkeiten mit den Vorgaben der Verkehrsverwaltung beißen.

Konkret geht es darum, dass im Abschnitt der Waldemarstraße zwischen Luckauer Straße und Leuschnerdamm ein starker Durchgangsverkehr beobachtet wird. Zwar gilt dort Tempo 30, was aber wegen der großzügigen Fahrbahnen kaum eingehalten werde. Gefährlich sei diese Raserei zum Beispiel deshalb, weil sich an der Strecke eine Kita befindet. Auch den rund 140 Bewohnern der Einrichtung Siefos mache das erhöhte Autoaufkommen Probleme. Viele von ihnen seien auf einen Rollstuhl oder Gehhilfen angewiesen. Der Straßenverkehr schränke ihre Mobilität zusätzlich ein. Dazu komme der Zuwachs von Menschen, die durch die Neubauten in dieses Gebiet gezogen sind.

Auch einige Vorschläge hatten die Betroffenen parat. Mit Poller könnten bestimmte Bereiche abgesperrt und damit der Durchgangsverkehr herausgehalten wird. Nachzudenken wäre auch über eine Einbahnstraße oder Erhebungen, sogenannte Kissen, auf der Fahrbahn, durch die das Tempo reduziert wird. Und auf jeden Fall müsse ein Zebrastreifen her.

Bei den Wünschen gelte es aber zunächst zu prüfen, ob sie mit den Vorgaben für den öffentlichen Straßenverkehr in Einklang zu bringen sind. Darauf verwies Peter Hoffleit. Es sei zum Beispiel zu klären, ob es in diesem Bereich zuletzt höhere Unfallzahlen gegeben habe. Das scheint bisher nicht der Fall zu sein, aber trotzdem erschloss sich dieses Argument den Anwohnern nicht. "Muss denn erst etwas passieren, ehe die Verwaltung tätig wird?" Und als dann auch noch der Vertreter aus der Dresdner Straße seine Forderung nach einem weitgehend autofreien Abschnitt in seinem Bereich vortrug und dabei bei Hoffleit auf wenig Gegenliebe stieß, war der Boden für die persönliche Attacke bereitet.

Die nächste Runde in dieser Debatte soll voraussichtlich am 19. Juni stattfinden. Für diesen Tag ist eine Bürgerversammlung geplant. Auch Stadtrat Panhoff will daran teilnehmen, machte aber bereits klar: "Sollten Sie mich mit ähnlichen Vorwürfen belegen, verlasse ich sofort das Podium."

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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