Nebenwirkungen und Risiken der Coffeshop-Idee

Den illegalen Drogenhandel im Görlitzer Park will der Bezirk mit einem Coffeeshop eindämmen. Umsetzen kann er diese Idee aber nicht alleine. | Foto: Frey
  • Den illegalen Drogenhandel im Görlitzer Park will der Bezirk mit einem Coffeeshop eindämmen. Umsetzen kann er diese Idee aber nicht alleine.
  • Foto: Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Kreuzberg. Gibt es ausgehend von Friedrichshain-Kreuzberg einen Epochenwechsel in der deutschen Drogenpolitik? Oder bedeutet das Ganze, um auf ein anderes Suchtmittel zu verweisen, eher eine Schnapsidee? Fakt ist inzwischen allerdings: Die Forderung, im Görlitzer Park einen Coffeeshop einzurichten, ist mehr als nur ein kurzfristiger Debattenbeitrag.

Am 28. August beschloss die BVV einen entsprechenden Antrag der Fraktion Bündnis90/Grüne zur weiteren Beratung an mehrere Ausschüsse zu verweisen. Verlangt wird dort unter anderem "... die nötigen Schritte einzuleiten um durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten in lizenzierten Abgabestelle(n) den negativen Auswirkungen der Prohibition und des dadurch entstehenden Schwarzmarktes entgegen zu treten."Ein Satz der genauso viele Fragen aufwirft wie Antworten gibt. Auch wenn die Antragsteller einige Lösungswege skizzieren. Etwa auf welcher rechtlichen Grundlage der Coffeeshop eigentlich entstehen soll? Bekanntlich sind solche Einrichtungen bisher in Deutschland verboten. Als Schlupfloch, das zumindest aufzuweichen, hatte zuvor bereits Bürgermeisterin Monika Herrmann (Bündnis90/Grüne) den medizinischen Weg ins Spiel gebracht. Konkret soll der Cannabisverkauf beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte beantragt und genehmigt werden. Die Begründung lautet in etwa so: Drogenabhängige sind krank, brauchen diese "Arznei" an deren kontrollierter Abgabe deshalb ein Interesse bestehen müsste. Durch diese Hintertür können sich manche Konsumenten nach vorherigem Antrag bereits jetzt mit Stoff versorgen. Allerdings ist das bundesweit eine überschaubare Zahl. Auf diese Weise eine flächendeckende Abgabe zu ermöglichen, stößt bisher sowohl beim Bundesamt, als auch beim Gesundheitsministerium auf Ablehnung.

Flächendeckend auch deshalb, weil Friedrichshain-Kreuzberg seine Coffeeshop-Idee nicht alleine, sondern möglichst mit weiteren Kommunen forcieren will. Das, so die Hoffnung, erhöhe vielleicht die Erfolgsaussichten. Außerdem soll dadurch verhindert werden, dass eine solche Einrichtung im Görli die einzige bleibt.

Denn nur einmal angenommen, es würde diese Anlaufstelle lediglich in Kreuzberg geben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein auch internationaler Drogentourismus einsetzt, wäre wohl sehr hoch. Schon aktuell wird der Görlitzer Park teilweise als eine Art Berliner Freiraumzone in vielen Reiseführern oder Websites angepriesen. Dem soll mit der Coffeeshop-Idee aber eigentlich gerade entgegen getreten werden.

Die vielen Dealer im Park bedeuten ein großes Problem für Anwohner und Nutzer, sagt Bürgermeisterin Herrmann. Es lasse sich aber mit ständigen Polizeirazzien nicht lösen, wie die vergangenen Wochen gezeigt hätten. Und selbst wenn es gelingen sollte, die Drogenanbieter aus der Anlage zu vertreiben, verticken sie ihren Stoff an anderer Stelle. Ihre Schlussfolgerung: Das illegale Drogengeschäft werde nur dadurch ausgetrocknet, wenn sich die Konsumenten irgendwo legal bedienen könnten.

Vor allem der CDU-Bezirksverodnete Timur Husein sieht das ganz anders. Er warnte vor einem wie auch immer gearteten niederschwelligen Angebot für Cannabisprodukte. "Das sind Drogen, bei denen Menschen schwere Schäden nehmen können." Langfristig werde es nur noch mehr Abhängige geben.

Die anderen Fraktionen signalisierten dagegen zumindest Zustimmung, dieses Thema weiter zu verfolgen. Selbst wenn viele Risiken und Nebenwirkungen bleiben. Etwa auch, ob sich die Dealer wirklich vertreiben lassen und wie dem Verkauf harter Drogen begegnet wird?

Außerdem bleibt die Frage, wie kommt das Gras in den Görlitzer Park und woher? Die Hanfprodukte sollen aus kontrolliertem Anbau stammen. Zu Ende gedacht würde das bedeuten, dass es eine bezirkliche Aufsicht über die Ernte, die Verarbeitung und den Vertrieb geben müsste. Wahrscheinlich mit entsprechendem Wachschutz.

Gerade die staatlichen Kontrollen würden wiederum den größten Unterschied zum niederländischen Modell bedeuten, meint Monika Herrmann. Deshalb ist sie auch mit der Bezeichnung "Coffeeshop" nicht mehr besonders glücklich. Denn er suggeriere etwas, was hier gar nicht gewollt sei.

Unterfüttert werden soll der Vorstoß durch begleitende Aktionen. Zum Beispiel einem Runden Tisch mit Anwohnern, Initiativen, Experten und der Polizei. Vorgesehen ist außerdem, Mitarbeiter der Drogenberatungsstelle Gangway in den Park zu schicken, um das Gespräch mit den Dealern und ihren Kunden zu suchen.

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 220× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 182× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 89× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 218× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.553× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.