Müde von den Mühlen einer selbstständigen Existenz

Abschied von der Aufhübscherin. Gisela Krätzig beim Auszug aus ihrem Friseurgeschäft. | Foto: Frey
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Kreuzberg. 27 Jahre war sie die Haar-Expertin am Hohenstaufenplatz. Seit Ende März ist diese Ära zu Ende. Gisela Krätzig schloss ihr Friseurgeschäft "Die Aufhübscherin" in der Schönleinstraße 8.

Der letzte Anlass dazu war ein gebrochener Arm, der die 54-Jährige zu einer längeren Pause zwang. Als inzwischen Ein-Frau-Betrieb konnte sie sich die aber nicht leisten. "Zumal ich niemanden fand, der für mich während dieser Zeit einspringt."Ihren Schritt will Gisela Krätzig aber nicht als Kapitulation verstanden wissen. Eher, so meint sie, sei er ein Zeichen dafür, "dass ich dieses Spiel nicht mehr mitmache". Damit meint sie den Alltag einer selbständigen Geschäftsfrau, der fast drei Jahrzehnte ihr Leben war. Ein Alltag, der einen aufreibt, meint die Friseurmeisterin. "Die Krankenkasse, das Finanzamt, alle wollen termingerecht ihr Geld, ganz egal, wie gut oder weniger gut der Laden gerade läuft." Gleiches galt natürlich für ihre Mitarbeiterinnen, einschließlich Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Auch an manchen bürokratischen Hürden ist sie verzweifelt. "Ich hatte draußen eine Bank stehen, die einige Zentimeter größer war, als das erlaubte Maß." Prompt gab es Ärger mit dem Ordnungsamt, einschließlich einer Bußgeldzahlung, weil Gisela Krätzig nicht einsah, warum sie die Sitzgelegenheit wegräumen sollte.

Ihre Geschichte und ihr Betriebsende sei deshalb auch kein Einzelfall, meint die bisherige Aufhübscherin. Nur, dass die meisten Läden einfach sang- und klanglos verschwinden und niemand weiß genau warum. Das gelte gerade auch in ihrem Quartier, dem Graefekiez. Nicht alles habe sich hier zum schlechteren verändert, stellt sie klar. "Aber natürlich ist es so, dass ich bis vor einigen Jahren der einzige Friseursalon in meinem Umfeld war. Heute sind es einige mehr."

Kleine Ladenbesitzer müssten von manchen Fesseln und Unwägbarkeiten befreit werden, sonst sehe sie für die Gewerbestruktur und ihre Vielfalt schwarz. "Welcher junge Selbständige wird sich dann noch trauen ein Geschäft zu eröffnen?"

Dort, wo sie sich 27 Jahre um die Haare der Kiezbewohner gekümmert hat, wird jetzt ein Kinderschuhladen einziehen. Sie selbst will sich erst einmal auskurieren und würde dann gerne wieder in ihren Beruf einsteigen. Aber nicht mehr als allein Verantwortliche, vielmehr will sie sich mit einem Platz in einem Friseursalon einmieten. "Wo es mich hin verschlägt, werden meine bisherigen Kunden über meine Website erfahren."

Thomas Frey / tf
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

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