Gewalttätigem Sicherheitsdienst gekündigt

Der Einrichtungsleiter Christoph Wiedemann (Mitte) erklärt seine Sicht der Dinge. Daneben: SozDia-Chef Michael Heinisch (links) und der Syrier Majd Jammoul. | Foto: Wrobel
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Lichtenberg. Erstmals spricht der Einrichtungsleiter Christof Wiedemann öffentlich über die Gewaltvorfälle in der Notunterkunft (NUK) in der Treskowallee 8. Die Stiftung SozDia kündigt dem Sicherheitsdienst und zieht weitere Konsequenzen.

"Es gibt keinen Grund für mich, nicht weiterzumachen", sagt Christoph Wiedemann. Die Brüche an der Nase und an der Stirnhöhlenvorderwand mussten mit Operationen geflickt werden. Doch mittlerweile fühlt sich der Einrichtungsleiter wieder fit, um in die Notunterkunft für Flüchtlinge in der Treskowallee 8 zurückzukehren. Hier leben 199 Menschen. "Das meiste passiert nachts", weiß der Einrichtungsleiter. Angesichts der Strapazen, die mit der massenhaften Unterbringung in Hallen verbunden sind, bewundert Wiedemann die Reaktion der Flüchtlinge auf die Gewaltvorfälle, denen er selbst zum Opfer fiel.

In der Nacht vom 26. Februar kam es zu Prügeleien zwischen Sicherheitsdienst-Mitarbeitern und Flüchtlingen. Holzlatten flogen. Mehrere Personen wurden verletzt. Am schwersten traf es den Einrichtungsleiter, der sich mitten in die Menge stellte und deeskalieren wollte. "Es hatte auch zunächst geklappt", sagt er, die Kontrahenten gaben Ruhe. Doch dann habe ihm jemand mit einen blechernen Gegenstand an den Kopf geworfen. Danach wurde Wiedemann bewusstlos. "Wir haben Handyvideos, die beweisen, dass die Sicherheitsmitarbeiter gegen Christoph Wiedemann und die Bewohner gewalttätig geworden sind", sagt Michael Heinisch, Chef des Einrichtungsträgers.

Wie die Sicherheitsmänner schon im Alltag die Stimmung in der NUK vergifteten, davon weiß Majd Jammoul zu berichten. Der Syrer wohnt seit Januar in der Turnhalle und erlebte selbst herablassende Bemerkungen der Security.

Beleidigt und gehetzt

Ein Sicherheitsmitarbeiter habe gleich auf drei Sprachen beleidigt und gehetzt, nämlich auf Englisch, Deutsch und auf Arabisch. "Er wollte sicher sein, dass ihn möglichst viele verstehen", sagt Jammoul. Abgesehen hatte der Mann es wohl vor allem auf dunkelhäutige Bewohner. Vor dem Eingang haben die Security-Männer zudem mit ihren Muskeln geprotzt, "wie in einer Bodybuilding-Show". Zu den Ausschreitungen am 26. Februar kam es schließlich, weil ein Flüchtling Christoph Wiedemann berichtete, von einem Security-Mitarbeiter geschlagen worden zu sein. Die Stiftung SozDia, deren Vorsitzender Heinisch ist, will die Vorfälle nicht einfach auf sich beruhen lassen. Auch wenn die ermittelnde Polizei von der Offensive der Stiftung nicht begeistert ist. Denn jetzt veröffentlichte Zeugenaussagen oder Beweise würden dazu führen, dass Aussagen geändert werden. Das vereinfacht nicht die Wahrheitsfindung. Deshalb will die Polizei selbst auch keine Angaben zu den laufenden Ermittlungen machen.

In dem einzigen Polizeibericht vom 26. Februar heißt es allerdings, dass "rund 40 Heimbewohner unter anderem mit Holzlatten und Kanthölzern" auf die Polizei losgegangen sein sollen. Kein Wort von den aggressiven Sicherheitsleuten. Wiedemann versichert: "Es war eine Gemengelage: die Sicherheitsleute haben provoziert. Manche Bewohner haben sich provozieren lassen, andere haben wieder versucht, zu deeskalieren." Mit dem Gewaltausbruch gipfelten auch die Probleme mit der Sicherheitsfirma. Doch sie bahnten sich an, wie Michael Heinisch erklärt.

Mittlerweile hat die Stiftung dem Unternehmen gekündigt. Und mit einer Selbstverpflichtung Kriterien für die Kooperation der Stiftung mit Sicherheitsfirmen formuliert, darunter ist das Verbot des Einsatzes von Subunternehmen. Ein solches Subunternehmen hatte die Sicherheitsfirma ohne Absprache eingesetzt. Vor allem aber muss die Massenunterbringung in Turnhallen beendet werden. "Wo keine Bewachung nötig ist, gibt es auch keine Probleme mit Sicherheitsfirmen", bilanziert Heinisch. Die gekündigte Firma ist noch weiterhin im Dienste einiger Flüchtlingseinrichtungen. In einigen Fällen ist sie sogar Einrichtungsträger. Die Berliner Woche wollte dem Unternehmen Gelegenheit zur Stellungnahme geben – die Anfrage blieb unbeantwortet. KW

Der Einrichtungsleiter Christoph Wiedemann (Mitte) erklärt seine Sicht der Dinge. Daneben: SozDia-Chef Michael Heinisch (links) und der Syrier Majd Jammoul. | Foto: Wrobel
Die SozDia-Stiftung will präventiv Gewaltvorfälle in Flüchtlingsunterkünften vermeiden. | Foto: Wrobel
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Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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