In ihrem neuen Buch erzählt Gesine Lötzsch aus ihrem politischen Alltag

Gesine Lötzsch (Die Linke) ist seit Oktober 2002 Abgeordnete im Deutschen Bundestag. | Foto: Wrobel
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Lichtenberg. Sie hat keine Angst vor hohen Tieren: Die Linke-Politikerin Gesine Lötzsch gibt im neuen Buch „Immer schön auf Augenhöhe“ einen kurzweiligen Einblick in ihren Arbeitsalltag.

2002 zog Gesine Lötzsch zum ersten Mal mit einem Direktmandat in den Deutschen Bundestag für die PDS ein. Mit Petra Pau bildete Lötzsch „die letzten sichtbaren Überbleibsel des Real-Sozialismus“, wie damals der „Spiegel“ schrieb. Beide Frauen waren die einzigen Abgeordneten ihrer Partei – ohne Fraktionsstärke galten sie im Parlament als Gruppe.

„Als wir ins politische Geschäft einstiegen, hat man uns relativ herablassend behandelt“, sagt Lötzsch und schiebt nach: „als Partei.“ So, als ob sie es nicht persönlich nähme. Lange Laufwege zum Plenarsaal mussten Lötzsch und Pau in Kauf nehmen. Politik war damals nicht nur echte Kopf-, sondern auch richtige Fußarbeit. „Unsere politischen Gegner wollten uns quasi unsichtbar machen. Durch diese Behandlung sind wir allerdings besonders aufgefallen", erinnert sich die 57-Jährige. Lötzsch machte sich aber auch selbst bemerkbar. In ihrer ersten Rede stichelte sie gegen Angela Merkel, die in ihrem Wahlkreis 909 Erststimmen weniger holte.

Das ist nur eine der Anekdoten, an die sich Gesine Lötzsch gerne erinnert. Sie ist heute kein „Underdog“ mehr. Die Zeit des Mobbings auf den Fluren scheint ebenfalls vorbei. Ihre Zimmernachbarin im Bundestag ist eine alte Weggefährtin: „Im Korridor gegenüber befindet sich das Büro von Renate Künast. Anfang der 1990er Jahre waren wir beide im Berliner Abgeordnetenhaus jeweils Fraktionsvorsitzende unserer Parteien... und sind jetzt immer noch nah beieinander. Also in Anführungsstrichen“, sagt Lötzsch. Der Umgang auf dem Korridor, so legt es Lötzsch nahe, ist herzlich. Das ist allerdings eine versöhnliche Geschichte, die Lötzsch erst im Gespräch einfällt. „Es stimmt: Im Buch fehlt die.“

„Immer schön auf Augenhöhe“ heißt das nun erschienene Buch, das auf 158 Seiten einen kurzweiligen Einblick in den politischen Alltag der Bundestagsabgeordneten geben will. Obwohl der Titel anmutet, als würde der Leser zum Boxkampf aufgerufen, schüttelt Lötzsch ihren Kopf und deutet auf ein im Buch abgebildetes Foto: Es zeigt die Politikerin mit einer Giraffe. „Um mit einer Giraffe auf Augenhöhe zu kommen muss man ja ein paar Tricks haben, deshalb der Titel“, erläutert sie. „Das ist auch nicht ungefährlich.“ Eine Giraffe könne mit ihrem Hals zu einem Schlag ausholen, erklärt sie. Wie die hohen Tiere in der Politik.

Also doch Kampf. Genauer: Vorwahlkampf. Lötzsch kandidiert in diesem Jahr erneut für den Bundestag. Das neue Buch dient als heitere und nicht selten spitz formulierte Rückschau. Etwa wenn sie daran erinnert, dass 2004 Prof. Hans-Werner Sinn als Präsident des ifo-Instituts den Osten Deutschlands in einem Bericht als „Ausland“ bezeichnete. Im Buch geht es aber nicht nur um banale Klischees. Es geht vor allem um Deutungshoheit – besonders, was die DDR-Vergangenheit anbetrifft. So bei der Deutung des Begriffs „Unrechtsstaat“. Für „die meisten DDR-Bürger“ war es „sowieso schon klar, dass die DDR kein Unrechtsstaat war“, schreibt Lötzsch.

Auf die Frage, was für sie der Begriff Widerstand bedeute, fragt sie unmittelbar zurück: "Wogegen?". Nach kurzem Überlegen setzt sie erneut an: „Voraussetzung für Widerstand ist das eigene Denken.“ Ein Leitsatz, dem sie selbst an profanen Orten Rechnung tragen muss. Sie wird auch mal in der Sauna von politisch Interessierten angesprochen. „Das passiert mir tatsächlich. Aber das steht dann im zweiten Band“, lacht sie. Am 15. Juni stellt sie das im Eulenspiegel Verlag erschienene Buch um 19 Uhr in der Anna-Seghers-Bibliothek am Prerower Platz 2 vor. KW

Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

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