Bartosz Lotarewicz über das neue Konzept der Jugendarbeit

Bartosz Lotarewicz (30) ist jugendpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg. | Foto: Wrobel
  • Bartosz Lotarewicz (30) ist jugendpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne in der Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg.
  • Foto: Wrobel
  • hochgeladen von Karolina Wrobel

Lichtenberg. Die Zukunft der Jugendarbeit wird im Bezirk heiß diskutiert. Der jugendpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, Bartosz Lotarewicz, arbeitete an einem neuen Konzept mit, das in diesem Jahr umgesetzt werden soll. Mit dem 30-Jährigen sprach unsere Reporterin Karolina Wrobel.

Herr Lotarewicz, Sie haben am Konzept mitgewirkt. Was soll sich ändern?

Bartosz Lotarewicz: Die klassische Jugendarbeit in den Jugendfreizeiteinrichtungen allein ist nicht mehr zeitgemäß. Wenn die Jugendlichen schon in den Einrichtungen sind, kann man mit ihnen auch intensiver ins Gespräch kommen. Wie geht’s in der Schule, wie läuft’s in der Familie? Wir wollen künftig mehr auf der präventiven Seite machen. Deshalb soll neben der offenen Jugendarbeit die Jugendsozialarbeit und die Familienförderung, etwa für junge Mütter und Väter, gestärkt werden. Hier wird es 2013 mehr Projekte in unserem Bezirk geben.

Geht es nicht vorrangig darum, finanzielle Defizite auszugleichen?

Bartosz Lotarewicz: Es gibt zum einen eine jugendpolitische Diskussion: Was sollen, was müssen die Jugendfreizeiteinrichtungen künftig leisten? Welche Mindestausstattung brauchen die Einrichtungen, welche Qualitätsstandards sind nötig? Zum anderen haben wir natürlich den finanziellen Druck. Ohne die Umsteuerung in der Jugendhilfe drohte uns ein Budgetverlust von etwa 850 000 Euro. Zwischen den Bezirken gibt es eine Art Wettrennen um die Budgetzuweisung.

Für mich ist es unverständlich, dass in jedem Bezirk die gleiche Leistung zu einem unterschiedlichen Preis erbracht wird. Es kann nicht sein, dass wir in Lichtenberg etwa 27 Euro für eine Angebotsstunde bezahlen, die woanders nur 14 Euro kostet. Das hängt mit der Menge an Stunden zusammen, die von den jeweiligen Bezirken abgerechnet werden. Lichtenberg war bislang der einzige Bezirk, der viele Leistungen in der Jugendarbeit gar nicht erfasst hat.

Jetzt bekommt die Arbeit von Ehrenamtlichen und Honorarkräften ein stärkeres Gewicht. Geht das nicht zu Lasten der Qualität?

Bartosz Lotarewicz: Unsere Absicht war und ist es nicht, Facharbeit durch ehrenamtliche Arbeit zu ersetzen. Das kann man auch nicht. Die Umsteuerung im Bezirk sieht jetzt vor, auch die Angebote in den Jugendfreizeiteinrichtungen, die durch Ehrenamtliche oder Honorarkräfte erbracht werden, zu erfassen. Wenn wir diese Leistungen nicht erfassen, dann wird das Budget insgesamt schmelzen, was langfristig die Schließung von Einrichtungen zur Folge hätte.

Trotzdem hatte das Jugendamt vorgeschlagen, den Jugendclub Magdalena zu schließen.

Bartosz Lotarewicz: Der Vorschlag hat uns wirklich überrascht. Deswegen waren wir im Jugendhilfeausschuss auch gemeinsam mit der Linkspartei der Auffassung: nein, soweit sind wir in der Diskussion nicht, dass wir jetzt schon für 2013 sagen können, wir schließen Einrichtungen.

Die Verwaltung des Jugendamtes hat ihren Vorschlag, bei einzelnen Einrichtungen Geld aufzustocken, fachlich begründet, weil der Bedarf da war. Für den Jugendclub Magdalena und für die Knirpsenfarm fehlten deshalb am Ende die Mittel. Die Einrichtungen sind aus Sicht des Jugendhilfeausschusses aber notwendig und werden deshalb weiter finanziert, wenn auch nicht in voller Höhe, was ich persönlich sehr bedauere.

Zur Diskussion steht die Übertragung der letzten vier kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen an freie Träger. Auch hier gibt es Proteste ...

Bartosz Lotarewicz: Ich bin nicht der Meinung, dass Jugendfreizeiteinrichtungen in freier Trägerschaft schlechter geführt werden, als in der kommunalen. 2007 wurden 17 Jugendfreizeiteinrichtungen übertragen. An einigen Stellen wurde das Angebot sogar besser, etwa was die Öffnungszeiten angeht. Gesetzlich ist geregelt, dass die Jugendhilfe von freien, aber auch von öffentlichen Trägern erbracht werden soll.

Aber wir stehen jetzt auch unter dem Zwang der Landesregierung, über 270 Stellen abbauen zu müssen. Der Vorschlag des Jugendamtes zum Abbau von Personal sieht unter anderem vor, die vier kommunalen Jugendfreizeiteinrichtungen an freie Träger zu übertragen. Diese Einsparung von 16 Stellen steht jetzt zur Diskussion. Allerdings: Wenn wir von Trägervielfalt sprechen, dann gehört dazu auch die öffentliche Trägerschaft. Ich werde den Prozess weiterhin kritisch-konstruktiv begleiten und mitgestalten. Dafür bin ich gewählt worden.

Karolina Wrobel / KW
Autor:

Karolina Wrobel aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Eine/r folgt diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 256× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 233× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 152× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 248× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.581× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.