Holländisches Viertel in Potsdam versprüht besonderen Charme

Die Giebelhäuser aus roten Backsteinen stehen in der Tradition der holländischen Packhuizen. | Foto: Michael Vogt
  • Die Giebelhäuser aus roten Backsteinen stehen in der Tradition der holländischen Packhuizen.
  • Foto: Michael Vogt
  • hochgeladen von Michael Vogt

Zwar fehlen heute die Kanäle, trotzdem werden die vier Karrees mit insgesamt 134 Häusern "Klein-Amsterdam" genannt. Immerhin gilt das fast 300 Jahre alte Ensemble des Holländischen Viertels im Herzen Potsdams als einzige geschlossene holländische Siedlung außerhalb der Niederlande.

Und doch schimmert in den gleichförmigen Fassaden unübersehbar auch ein gutes Stück Preußen durch den faszinierenden Architekturstil. Der holländische Baumeister Jan Boumann verwirklichte das Projekt in den Jahren von 1734 bis 1742 im Auftrag des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. Die Zweckmäßigkeit und sparsame Bauweise, in Holland historisch gewachsen, wurde hier preußisch "nachexerziert". Entsprechend fehlen reich verzierte Giebel, die Häuser ähneln eher den holländischen Lagerhäusern (Packhuizen) oder Altenheimen (Hofjes). Der Soldatenkönig, selbst verwandtschaftlich eng mit dem Haus Oranien-Nassau verbunden, schätzte die Fortschrittlichkeit des jungen niederländischen Staates. Er wollte mit dem Bau holländische Handwerker mit technischem Knowhow nach Preußen locken. Dafür scheute er keine Kosten und Mühen. Dort, wo heute Touristen flanieren und zahlreiche Galerien, Geschäfte, Restaurants und Cafés zum Verweilen einladen, gab es vor drei Jahrhunderten lediglich ein großes Sumpfgebiet. Bevor unzählige Baumstämme das Fundament bilden konnten, erfolgte die Trockenlegung durch Schachtung eines Bassins, in das das Wasser abfließen konnte. Der Name Bassinplatz erinnert noch an die einstigen mühsamen Arbeiten, die erst unter der Regentschaft Friedrichs II. beendet wurden. Der erhoffte Zuzug von holländischen Fachkräften hielt sich allerdings in Grenzen, und so zogen zunächst französische und preußische Handelsvertreter, Künstler und Soldaten in die Typenhäuser. Deren Innenleben lässt sich heute exemplarisch sehr gut im Jan-Boumann-Huis in der Mittelstraße 8 erkunden. Das Museum ist vom Keller bis zum Dach vollständig begehbar, zusätzlich steht der Hinterhof mit Wirtschaftsgebäuden und Garten den Besuchern offen. Modelle wie Dachziegel, Öfen, Kacheln, Türbeschläge, Truhen sowie Schautafeln und Videopräsentationen vermitteln einen wunderbaren Eindruck vom Alltagsleben, der Geschichte und Architektur des Viertels.

Anfahrt: Nach Potsdam gelangt man bequem mit der S-Bahn S1. Von Potsdam Hauptbahnhof geht es mit den Straßenbahnlinien 92 und 96 (Station Nauener Tor) in wenigen Minuten ins Holländische Viertel.

Museum im Jan-Boumann-Haus, Mittelstraße 8, 14467 Potsdam, 0331 280 37 73. Geöffnet ist montags bis freitags von 13 bis 18 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet zwei, ermäßigt ein Euro. Informationen unter www.hollaendisches-viertel.net.
Michael Vogt / mv
Autor:

Michael Vogt aus Prenzlauer Berg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 104× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 544× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 505× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 458× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 481× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.