Gymnastik im Grenzstreifen: Papagenoschule stand direkt an der Mauer

Grenzanlagen 1962 entlang der Bernauer Straße. Die Friedhofsmauer der Sophiengemeinde ist noch nicht abgerissen und dient als Grenzmauer, dahinter die gekappte Bergstraße. | Foto: Stiftung Berliner Mauer/Wolfgang Schubert
4Bilder
  • Grenzanlagen 1962 entlang der Bernauer Straße. Die Friedhofsmauer der Sophiengemeinde ist noch nicht abgerissen und dient als Grenzmauer, dahinter die gekappte Bergstraße.
  • Foto: Stiftung Berliner Mauer/Wolfgang Schubert
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Die Bergstraße ist die einzige Straße in Berlin, die immer noch durch die Mauer getrennt ist. Und das wird wohl auch so bleiben.

An Grenzposten kann sich Brigitte Stemmler nicht mehr erinnern. Als die Direktorin der Papagenoschule 1990 an die Schule kam, waren die Soldaten schon weg. Die Mauer und die Sackgasse gibt es auch 28 Jahre nach dem Mauerfall noch – als Teil der Mauergedenkstätte Bernauer Straße.

Es war immer schön ruhig hier, hätten ihr Kollegen erzählt, sagt Stemmler über die Zeiten, als die Schule direkt an der Mauer lag. Vom Flur der vierten Etage konnte man über die Turnhalle hinweg in den Todesstreifen schauen. Die Turnhalle lag im Grenzbereich und bildete quasi einen Teil der Hinterlandmauer.

Die durch die Mauer getrennte Bergstraße ist Sackgasse geblieben, als einzige Straße in Berlin. Mehr als 300 Straßen wurden mit dem Mauerbau 1961 gekappt. Nach dem Mauerfall wurden sie wieder geöffnet. Die Bergstraße, seit 1752 Verbindung zu Wedding, allerdings bleibt dicht, weil das Areal an der Bernauer Straße zur Mauergedenkstätte gehört. Das Gelände direkt zwischen den ehemaligen Hinterlandmauern nutzt die Mauerstiftung als Lagerplatz.

Experten haben bei der Rekonstruktion der ehemaligen Grenze 2009 auch Teile der unter dem Todesstreifen verschwundenen Bergstraße wieder freigelegt. In der Mauergedenkstätte kann man den Straßenbelag und die Bordsteinkante sehen, gekreuzt vom Postenweg.

Die Bergstraße lief am Friedhof der Evangelischen Kirchengemeinde Sophien entlang. Bis zum Mauerbau ging der Gottesacker bis an die Bernauer Straße. Für den Bau der Grenzanlagen wurden ab Januar 1962 einige Gräber umgebettet und eingeebnet.

Die Bergstraße auf Weddinger Seite ist heute nur noch eine Anliegerstraße für das Lazarus-Heim und Wohnhäuser, befahrbar von der Gartenstraße nur für Bewohner und gesichert mit einer Schranke.

Für die Kinder der Papagenoschule scheint es ein Glücksfall zu sein, dass die Bergstraße Sackgasse geblieben ist und es keinen Durchgangsverkehr vor der Schule gibt. Nach dem Mauerfall gab es Pläne für Erweiterungsbauten hinter der Turnhalle im einstigen Niemandsland. Wegen damals ungeklärter Eigentumsverhältnisse ging das nicht. So blieb alles, wie es ist und die Bergstraße Sackgasse.

Wenn man heute aus der der vierten Etage der Schule Richtung Gesundbrunnen guckt, sieht man Touristen, die sich vielleicht gerade die Geschichte der immer noch unterbrochenen Bergstraße anhören.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 149× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 132× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 202× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 588× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.