Als die Tschechen nach Berlin kamen: Am 16. Dezember zum Behtlehemkirchplatz

16. Dezember 2017
11:00 Uhr
Bethlehemkirchplatz, 10117 Berlin

Bei meinem 155. monatlichen Stadtspaziergang lade ich Sie zum Bethlehemkirchplatz ein. Der Weg führt entlang der Mauerstraße, die früher zwei Kirchen mit barocken Kuppeln und hohen Laternen zierten.

Das ist auch eine Geschichte über tschechische Glaubensflüchtlinge, die nach 1730 vom Soldatenkönig ins Brandenburgische geholt wurden. Auf Rixdorfer Gutsflur wurden damals 18 Bauernfamilien angesiedelt, die Residenz nahm weit über tausend böhmische Exilanten auf. Sie durften in der Friedrichstadt ihre protestantische Bethlehemskirche bauen – benannt nach der Prager Predigtstätte des Reformators Jan Hus.
Den Geflüchteten waren einige vorstädtische Grundstücke zugewiesen worden, dort bauten vor allem Weber und Spinner ihre bescheidenen Häuser - zum Verdruss der Altanwohner. Doch der König gab auch ihnen Genugtuung: Als die Tschechen 1737 ihre Kirchweihe als großes Fest begingen, wurde der Grundstein für eine zweite Kirche gelegt. 1739 weihte man sie als Dreifaltigkeitskirche - zum 200jährigen Reformationsjubiläum in Brandenburg.
Wussten Sie, warum an der schrägen Mauerstraße, die schon 300 Jahre so heißt, nie eine Mauer gestanden hat? Und dass die Friedrichstadt nach jeder Zerstörung ein anderes Gesicht bekam? So gab es ab 1895 hoch oben auf dem Postmuseum, heute das für Kommunikation, jene kupfernen Giganten, die eine Weltkugel tragen. Von 1988 bis 1992 erneuerte der Schmied Achim Kühn Ernst Wenks Original, fünf Jahre später war es endlich am alten Ort.
Auf dem Bethlehemkirchplatz, der seit 1999 so heißt, streiten sich Kunstobjekte um Lufthoheit: 1997 kam „Houseball“ neben den im Pflaster markierten Kirchengrundriss. Der riesige kugelrunde Ballen soll wie eine Realität gewordene Kinderbuchillustration an Flüchtlings-Hausrat erinnern. 2012 entstand eine Drei-Monate-Lichtsimulation der Kirche. Seitdem streitet man um Abriss des in Wind und Regen rostenden Stahlgerippes. Wussten Sie, dass die Alte Julius Kahlbaum Stube (Probierstube) jahrzehntelang das populärste Institut am Platz war?
In den 1990er-Jahren tobte die Partyszene im Techno-Klub E-Werk. In den 20ern war E-Umspannwerk Buchhändlerhof eine jener neuen Stromkathedralen, die Berlin vor aller Welt golden erstrahlen ließen. Auch im neuen Medienzentrum ist alles hell ausgeleuchtet, wenn Anne Will ihre Talk-Gäste einlädt. Um die Ecke tobt von früh bis spät der Check-Point-Charlie-Tourismus.
Der Spaziergang über den Behtlehemkirchplatz beginnt am 16. Dezember 11 Uhr. Treffpunkt ist am U-Bahn-Ausgang Mohrenstraße Ecke Glinkastraße. Verkehrsverbindung: U2 bis Mohrenstraße bzw. U6 bis Stadtmitte.

Autor:

Bernd S. Meyer aus Mitte

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