"Wenn das Privatrecht in den Schulen regiert, ist Bildung zweitrangig"

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Im Rahmen der Volksinitiative "Unsere Schulen" sammelt der Berliner Schul-Tisch seit Januar diesen Jahres in Berlin Unterschriften um die Überführung von Berliner Schulen an eine GmbH zu verhindern. Ich habe mich mit Initiatorin Dorothea Härlin über das Thema unterhalten.

Guten Tag, Frau Härlin. Würden Sie bitte noch einmal knapp erklären, worum es bei ihrer Inititiative genau geht?

Im Rahmen seiner Schulbau-Offensive will der Senat Dutzende Berliner Schulen sanieren und 59 neu bauen. Das ist erstmal prima, weil dringend notwendig. Die Regierung behauptet jedoch, die Kosten dafür alleine nicht stemmen zu können. Deshalb will sie die betroffenen Schulen an die Wohnungsbaugesellschaft Howoge überführen, weil diese die Schuldenbremse umgehen und im Gegensatz zum Senat Kredite aufnehmen darf. Das ist eine formelle Privatisierung. Die Bezirke müssten die Schulen dann von der Howoge zurückmieten und es ist absolut unklar zu welchen Bedingungen.

Aber was droht uns denn jetzt konkret?

Um profitabel zu bleiben muss eine GmbH ein gewisses Quantum an Gewinnen erzielen. Da die Bezirke das Hausrecht verlieren, hat die Howoge auf dem Schulgelände das Sagen und damit die Möglichkeiten dazu. Ob sie nun die Wände als Werbeflächen an McDonalds, Bundeswehr und Co. vermietet oder außerhalb des Unterrichts zahlkräftige Außenstehende in die Räumlichkeiten lässt, steht ihr frei. Sportvereine werden die Sporthallen vermutlich auch nicht mehr umsonst nutzen dürfen. Das Hauptproblem ist, dass unsere Schulen einem gewinnorientierten Markt übergeben werden. Wenn das Privatrecht in den Schulen regiert, dann ist Bildung zweitrangig.

Vergleichbares lässt sich ja heute schon in vielen Krankenhäusern beobachten. Stichwort: Pflegenotstand.

Richtig. Wir haben beispielsweise guten Kontakte zu den Betriebsräten von der Vivantes-GmbH. Dort ist unsere Initiative auch schnell auf Verständnis gestoßen. Vivantes ist ein Wirtschaftsunternehmen und die wirtschaftlichen Interessen haben absolute Priorität, Patienten stehen da an zweiter Stelle. Genauso wird es bei den Schulen auch sein.

Trotzdem polarisiert das Thema nicht. Woran liegt das?

Für Leute die keine Kinder und mit Schulen nix zu tun haben ist das Thema nicht so heikel. Gerade brennt den Berlinern ja auch eher das Problem der hohen Mieten unter den Fingern. Die Brisanz für das Thema Bildung wird von den Leuten tendenziell weniger gesehen. Das finde ich schwierig.

Wieso gibt es im rot-rot-grünen Senat denn keine Opposition zu dem Vorhaben?

Im Senat gibt es tatsächlich keine Partei die als Ganzes gegen diese Privatisierung steht. Trotzdem sprechen wir immer wieder einzelne Abgeordnete an und machen oft die Erfahrung, dass viele kaum informiert sind oder die Vorhaben ihrer Parteispitze schlicht nicht hinterfragen. Ungeachtet dessen, regen sich in letzter Zeit aber trotzdem vermehrt kritische Stimmen, wie zum Beipsiel in der Partei Die Linke.

Was will die Initiative denn jetzt genau erreichen?

Wir sammeln Unterschriften um mit unserem Anliegen im Senat angehört zu werden. Klingt erstmal nach wenig, aber es geht uns ja primär darum, Öffentlichkeit zu schaffen. Die Leute auf die wir zugehen reagieren nicht selten verständnislos, weil sie sich freuen dass der Senat überhaupt mal irgendwas macht. Wenn man dann ins Gespräch kommt, schalten viele um. Mit einer Unterschrift für die Initiative entscheidet man sich ja auch nicht direkt für oder gegen die Privatisierung sondern erstmal für die Diskussion darum, das betone ich inzwischen immer mehr. Und da sind wir auch optimistisch, dass es in der Berliner Bevölkerung auch immer noch genügend Ressentiments gegen Privatisierungen gibt.

Autor:

Alla Schissel aus Mitte

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