Der Cellist Thomas Beckmann gibt am 3. April in Berlin ein Benefizkonzert

Mit bislang 500 Benefizkonzerten hat Thomas Beckmann rund 1,5 Millionen Euro für den Verein "Gemeinsam gegen Kälte" eingespielt. | Foto: Monika König
  • Mit bislang 500 Benefizkonzerten hat Thomas Beckmann rund 1,5 Millionen Euro für den Verein "Gemeinsam gegen Kälte" eingespielt.
  • Foto: Monika König
  • hochgeladen von Anett Baron

Berlin. Am 3. April um 20 Uhr spielt der international bekannte Cellist Thomas Beckmann im Rahmen seiner Benefiztournee durch Deutschland in der Berliner Philharmonie. Den Erlös erhält der Verein "Gemeinsam gegen Kälte", der sich für obdachlose und arme Menschen einsetzt. Unsere Reporterin Anett Baron sprach mit Beckmann über sein Engagement.

Herr Beckmann, wie ist Ihr Verein "Gemeinsam gegen Kälte" eigentlich entstanden?

Thomas Beckmann: Als 1993 in Düsseldorf zwei Frauen erfroren, gingen vorher unzählige Menschen an ihnen vorbei. Jeder dachte, der Staat würde sich um sie kümmern. Das war eine fatale Fehleinschätzung. Damals begannen wir, Schlafsäcke zu verteilen. Denn viele Bedürftige haben den roten Faden ihres Lebens verloren. Sie brauchen Zuwendung und nicht Verhöhnung à la Thilo Sarrazin.

Der Verein hat prominente Unterstützer wie den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Wie haben Sie das geschafft?

Thomas Beckmann: Wir waren eine private, örtliche Initiative. Eine bundesweite Ausdehnung traute ich mir nicht zu. Nach einem schweren Autounfall 1995 bekam ich mein Leben neu geschenkt und startete durch. Es sollte aber nicht wie ein PR-Gag wirken. Deshalb holte ich die Diakonie, Caritas, Stadtverwaltung und den DGB mit ins Boot. Mit Herrn von Weizsäcker machte mich die damalige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Antje Vollmer bekannt.

Wie werden die Projekte ausgesucht, die Sie unterstützen?

Thomas Beckmann: In den städtischen Projektgruppen sind neben Caritas und Diakonie auch kleinere Vereine vertreten. So erfahren wir, wo Hilfe nötig ist. In Berlin haben wir zum Beispiel die Tagesstätte Am Wassertor unterstützt.

Sie helfen vielen Obdachlosen oder den Einrichtungen direkt. Wo ist der Unterstützungsbedarf am dringendsten?

Thomas Beckmann: Besonders vor der aktuellen Debatte muss man sehen, dass es unterschiedliche Formen von Armut gibt. Wenn Bulgaren nach Deutschland kommen wollen, dürfen sie das. Man sollte sie nicht kriminalisieren, denn sie sind meist in einer wirtschaftlichen Notlage. Uns begegnen aber auch Menschen, deren Armut sich mit Hoffnungslosigkeit koppelt. Sie sind häufig psychisch belastet. Für sie brauchen wir gute Einrichtungen mit ausreichend Personal.

Macht es Sie wütend, dass offensichtlich zu wenig gegen die Ursachen von Wohnungslosigkeit und Armut getan wird?

Thomas Beckmann: Ich bin eher fassungslos darüber, wie angeblich gebildete Menschen arrogant in Talkshows herumschwadronieren. Solche Menschen sind ein gutes Barometer für den sittlichen Verfall in unserer Gesellschaft. Dabei geht es auch um Themen wie Pflege oder Umgang mit älteren Menschen. Wir können in unserem reichen Land eine menschenwürdige Pflege nicht bezahlen? "Ehret die Alten" gilt in Deutschland nur noch bedingt.

Wie ließe sich das bürgerschaftliche Engagement weiter stärken?

Thomas Beckmann: Engagierte leisten häufig Unglaubliches. Die Verleihung eines Verdienstordens macht stolz, trotzdem sollte man andere Anreize stärken. Dazu gehören Vergünstigungen bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und freier Eintritt für Museen, Kino und Veranstaltungen.

Sie spielen so schön Cello. Manch einer hält das für ein Wunder.

Thomas Beckmann: Ich wurde mit meiner Gabe reich beschenkt. Dafür bin ich zutiefst dankbar. Cello zu spielen ist meine Form von Gebet. Wenn ich ein Stück von Johann Sebastian Bach spiele, bin ich bei Gott. Deshalb war mein Konzert vor Papst Benedikt XVI. etwas ganz Besonderes. Was wäre die Welt ohne ihre Religionen?

Zu Ihrem Cello gibt es eine interessante Geschichte. Und Sie haben eine besondere Beziehung zu Charlie Chaplin.

Thomas Beckmann: Mein Cello heißt "Il Mendicante", der Bettler. Nach meinem Unfall musste es repariert werden, dabei fand man die Inschrift. Es gehörte einem Pariser Bettler, der es trotz Armut nicht verkaufen wollte. Und Charlie Chaplin war ebenfalls Cellist, er schrieb seine Filmmusiken selbst. Ich habe sein Stück "Oh! That Cello" wiederentdeckt und spiele seine Werke. So schließt sich der Kreis.

Karten für das Konzert am 3. April im Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie gibt es an allen Vorverkaufskassen. Weitere Informationen unter www.thomas-beckmann.com.
Anett Baron / AB
Autor:

Anett Baron aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 422× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 406× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 354× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 390× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.707× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.