Tiergarten. Die Nationalsozialisten hatten zu allem, was mit Religion und Kirche zu tun hat, ein sehr zwiespältiges Verhältnis. Dennoch wurden nach 1933 auffällig viele Kirchen gebaut oder umgebaut.
Die unter Mitwirkung des "Aktiven Museums - Faschismus und Widerstand in Berlin" gestaltete Ausstellung "... aus dem Geist unserer Zeit" zeigt, dass die Nazis beide christlichen Konfessionen brauchten, um ihre Herrschaft zu festigen. Auf der anderen Seite widerstanden mutige Protestanten und Katholiken dem NS-Alleinvertretungsanspruch und machten die antisemitische Politik der Hitler-Diktatur nicht mit, wobei sie Leben und Freiheit riskierten und verloren. Gestaltet von Beate Rossié, Stefanie Endlich und Monica Geyler-von Bernus in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand an der Stauffenbergstraße, informiert die Ausstellung über ein wenig bekanntes Kapitel der NS-Zeit. Sie geht am Beispiel von zwölf in Berlin neu gebauten oder umgestalteten Kirchen der Frage nach, welchen Einfluss die NS-Ideologie auf Architektur und künstlerische Ausgestaltung der Gotteshäuser hatte, die mit einer Ausnahme auch heute im Stadtbild präsent sind. Vorgestellt werden Stadt- und Dorfkirchen sowie Gemeindeheime wie die Gustav-Adolf-Kirche in Charlottenburg, die Bethlehemskirche in Neukölln, die Lindenkirche in Wilmersdorf, die Dreifaltigkeitskirche in Mitte, die Johanneskirche in Frohnau und die Martin-Luther-Gedächtniskirche in Mariendorf. Das 1933 bis 1935 als Gedenkstätte und Mahnmal an der Riegerzeile 1 errichtete Gotteshaus wird manchmal als Nazi-Kirche verunglimpft. Die Kirche sowie andere Sakralbauten wurden mit NS-Symbolen und ebensolchen Sprüchen ausgestattet, die man nach dem Ende der Hitlerdiktatur entfernte oder verdeckte. Besonders die Mariendorfer Lutherkirche ist ein markantes Beispiel für die Darstellung von Blut-und-Boden-Ideologie, Militarismus, Volksgemeinschaftsdenken und Verherrlichung von NS-Helden. Die Ausstellung zeigt nicht nur historische Fotos und schildert, wer an der Ausgestaltung der Kirchen im Geist des Nationalsozialismus verantwortlich war, sondern präsentiert auch einige ausgebaute Reliefs, deren Anblick die Gemeindemitglieder nicht mehr ertragen wollten.
Bis zum 20. Januar im Sonderausstellungsbereich der Gedenkstätte Deutscher Widerstand gezeigt, ist die Dokumentation ein Beitrag zum Themenjahr "Zerstörte Vielfalt" anlässlich des 80. Jahrestags der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 und des 75. Jahrestages des Pogroms vom 9. November 1938. Nach ihrem Abbau soll die Ausstellung in der Martin-Luther-Gedächtniskirche im Ortsteil Mariendorf gezeigt werden.
Geöffnet ist die Gedenkstätte Deutscher Widerstand montags bis mittwochs und freitags von 9 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 9 bis 20 Uhr und am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei. Weitere Informationen unter 26 99 50 00 sowie im Internet auf www.gdw-berlin.de.
Helmut Caspar / HC
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