Seit 30 Jahren kommen aus Müggelheim ausgebildete Blindenführhunde

Gala zeigt einen Briefkasten an. | Foto: Ralf Drescher
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Müggelheim. Rund um die Köpenicker Bahnhofstraße kann man mehrmals in der Woche Hunde beobachten, die an einem weißen Führgestell laufen. Es sind Blindenführhunde in Ausbildung.

Anke Krüger (48) gibt der zweijährigen Gala den Befehl Briefkasten. Sofort geht der gelbe Labrador-Golden-Retriever-Mix mit der Führhundlehrerin zu dem gelben Blechkasten, der vor dem Forum Köpenick steht. Dabei dürfen die vielen Autos im Hintergrund und die Menschen neben ihm den Hund nicht irritieren. Denn Gala ist ein angehender Blindenführhund – der Begriff Blindenhund wird nicht mehr verwendet, denn die Tiere können ja sehr gut sehen – und soll im September an seine künftige Halterin in Hamburg abgeliefert werden.

Blindenführhunde sind Mangelware. Rund 500 werden im Jahr deutschlandweit ausgebildet. Immerhin bis zu zehn davon bekommen ihre Ausbildung in den Straßen von Köpenick, unter Federführung der Stiftung Deutsche Schule für Blindenführhunde, die ihren Sitz in Müggelheim hat. Die wurde von Mario Fiedler gegründet. Der 54-Jährige begeisterte Hundesportler las 1986 das Schild einer im Bau befindlichen Hundeschule. „Ich habe mich als Hundetrainer beworben und wurde genommen“, erinnert er sich.

Nach dem Ende der DDR geriet die Schule in Schwierigkeiten, mehrere Mitarbeiter gründeten die Führhundschule Sehhund. Daraus wurde inzwischen eine Stiftung, mit eigener Welpenaufzucht und Paten, die die Betreuung in den ersten Monaten übernehmen. „Nicht jeder Hund ist für die Ausbildung geeignet. Deshalb brauchen wir im Durchschnitt 20 Welpen pro Jahr, um sieben bis zehn Hunde ausbilden zu können“, sagt Mario Fiedler, jetzt Geschäftsführer der Stiftung.

Er kümmert sich um den Papierkram, während Tierlehrer wie Anke Krüger die Ausbildung übernehmen. Die beginnt, wenn die Hunde 15 Monate alt sind und dauert sechs bis neun Monate. Vor der Übergabe lernt der künftige Halter seinen Hund beim Besuch und gemeinsamen Training kennen.

Nicht jeder Blinde kann etwas mit einem Hund anfangen. Anke Krüger: „Vor allem mobile, tierliebende Menschen bekommen mit einem Führhund Lebensqualität zurück. Zum Halten gehört ja auch, mit ihm mehrmals am Tag und bei jedem Wetter Gassi zu gehen.“

Verkauft werden die Hunde entgegen früheren Regelungen nicht mehr. Die zuständige Krankenkasse zahlt eine Art Miete für den Hund, übernimmt Futtergeld und Tierarztkosten. Der Hund bleibt Eigentum der Stiftung. Selbstverständlich kann der Hund bis zu seinem Ende beim Halter bleiben. Wenn dieser aber selbst krank wird und das Tier nicht mehr betreuen kann, geht es zurück zu seiner Ausbildungsstätte. Dort wird der Hund dann für einen anderen Halter trainiert oder bekommt bei einem Paten sein Gnadenbrot.

Bevor Gala einer Hamburgerin wieder mehr Mobilität beschert, muss sie rund 30 Kommandos lernen. Sie muss Eingänge, Briefkästen, Treppenaufgänge und Sitzplätze in Warteräumen und Verkehrsmitteln suchen und Herrchen oder Frauchen anzeigen. Die Benutzung von Rolltreppen muss verweigert werden, die beweglichen Stufen könnten die empfindlichen Pfoten verletzen. RD

Infos unter www.fuehrhundschule.de.

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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