Ausstellung zugunsten des Vereins Rückenwind, der Fahrräder an Flüchtlinge verschenkt

Raphael Peters fragt gerne seine Freunde, was sie in seinen Zeichnungen sehen und benennt diese dann danach. | Foto: pv
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  • Raphael Peters fragt gerne seine Freunde, was sie in seinen Zeichnungen sehen und benennt diese dann danach.
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Eine Ausstellungseröffnung wird am Donnerstag, 18. Januar, um 20 Uhr in der Kaduka-Bar, Weser-straße 207, gefeiert: Raphael Peters zeigt zehn großformatige Zeichnungen, die zum Verkauf stehen. Von dem Erlös bekommt der Neuköllner Verein „Rückenwind“ etwa ein Drittel ab. Der verschenkt seit einigen Jahren Fahrräder an Flüchtlinge – mit großem Erfolg.

Schon im vergangenen Jahren hat der selbstständige Illustrator und Art Director eine ähnliche Ausstellung für den Verein, der seinen Sitz an der Lenaustraße 3 hat, auf die Beine gestellt - unter seinem Pseudonym Eno_Etunim. Liest man die beiden Wörter von hinten, kommt „One Minute“ dabei heraus, genauso hieß die Bilderschau. Seine Idee war, jeden Tag im Jahr eine Illustration zu zeichnen, eine Minute lang, immer auf gleichem Papier, ohne Lineal. Aus der Minute wurden aber oft Stunden und Tage, sein Pseudonym behielt er trotzdem. Das Ergebnis der Schau: Der Verkauf lief gut, 20 Fahrräder konnten finanziert werden.

Auch die Geschichte der jetzt ausgestellten Zeichnungen ist bemerkenswert: Sieben von ihnen sind während einer siebenwöchigen Indienreise entstanden. Dort führte Raphael Peters ein gezeichnetes Tagebuch. „Ich habe meine Eindrücke auf Papier festgehalten. Die unterschiedlichen Welten, die ich erlebt habe, kann man aus den Bildern herauslesen“, sagt er. Wie immer ging er mit Fine-Linern ans Werk, entweder arbeitet er mit einem schwarzen Stift oder mit vier farbigen Stiften. Seine Zeichnungen sind abstrakt, oft symmetrisch.

Aber immer drücken sie innere Stimmungen aus. Und die wechselten. Er erlebte die harte Großstadtrealität in Delhi, die politisch brisante Atmosphäre in Kaschmir, das gelassene Strandleben in Goa. „Ich habe dort meine Perspektive verändert, gute und üble Sachen gesehen und mich immer wieder gefragt: Wie können die ärmsten Menschen so freundlich und hilfsbereit sein?“ Beeindruckend war für ihn auch eine knappe Woche auf einem Hausboot, ohne Internet und auf sich allein gestellt - eine ungewohnte, aber gute Erfahrung. Hat Peters die „India“-Zeichnungen für die Ausstellung vergrößert, entstanden die anderen drei original im DIN-A2-Format.

Freunde hatten ihn dazu angeregt. „Und sie haben nicht geglaubt, dass ich die Zeichnungen tatsächlich frei Hand fertigbringe“, erzählt der Künstler. Sein Stolz war geweckt. Zum Beweis, dass er kein Lineal benutzt, hat er seine Hand beim Zeichnen gefilmt und das dann 32-fach beschleunigt.

Die drei Werke sind an unterschiedlichen Orten entstanden: am heimischen Küchentisch, unter freiem Himmel im Kreuzberger Prinzessinnengarten und in einem Atelier von Freunden. Während des Arbeitens hat er unterschiedliche Musik gehört. „Techno funktioniert gar nicht, Hip-Hop manchmal, Jazz ist schwierig, Klassik geht gut“, sagt er. Ein Faible hat er für Klaviermusik, zum Beispiel von Nils Frahm. „Was ich wahrnehme, übertrage ich auf Papier, so wie man ein Medium ins andere übersetzt.“

Die fertigen Filme im Zeitraffer verlangten aber nach eigener Musik. Zum einen Arvo Pärt, zum anderen Klänge der polnischen Pianistin Hania Rani, beim dritten Film hat er befreundeten südafrikanischen Musikern freie Hand für die Komposition gelassen.

Überhaupt mag er es, andere Menschen zu beteiligen. Die Titel der Zeichnungen stammen nicht von ihm selbst. Eine zeigte er beispielsweise einer indischen Freundin und fragte, was sie darin sehe. „Eine tote Kuh“, antwortete diese, „und sie ist 726 Jahre alt.“ Diese Zahl übersetzte er in „Leetspeak“, ein im Internet benutzter Code, bei dem Zeichen durch andere ersetzt werden. Aus 726 wurde so TRG – der Titel stand.

„Ich spiele gerne mit dem Zufall und probiere oft Neues aus“, sagt Peters. Manchmal mit verblüffenden Folgen: Via Internet bekam er Freundschaftsanfragen aus Nigeria. Angehörige des Volkes der Ika hielten ihn für einen der ihren. Dort ist „Etunim“, der zweite Teil seines Pseudonyms, ein recht häufiger Name. Er bedeutet: „Der, der sich nicht verirrt hat“. Das gefällt ihm.

Verein „Rückenwind“ stellt sich vor

Während der Ausstellung werden eine Collage der drei Filme, Videoaufnahmen aus Indien sowie Porträts von Mitgliedern des Vereins „Rückenwind“ gezeigt. Bei der Eröffnung informieren die Porträtierten über ihre Arbeit. Die Ausstellung läuft bis zum 15. Februar, geöffnet ist die Kaduka-Bar dienstags bis sonnabends, 20 bis 4 Uhr.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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