Weit mehr als nur ein Kino: Verena von Stackelberg zeigt Filme, lockt mit japanischer Küche und bietet Lesungen an

Verena von Stackelberg (re.) und ihre Mitarbeiterin Anna Charlotte Kloos. | Foto: Schilp
2Bilder
  • Verena von Stackelberg (re.) und ihre Mitarbeiterin Anna Charlotte Kloos.
  • Foto: Schilp
  • hochgeladen von Susanne Schilp

Neukölln. Verena von Stackelberg hat sich ihren Traum erfüllt. Vor einigen Wochen eröffnete sie ihr Kino an der Ecke Weser- und Wildenbruchstraße – samt Café-Bar und Studio. Dass sie Besonderes bieten will, signalisiert schon der Name: Wolf.

Gleich ein ganzes Rudel, aufgehängt über den großen Fenstern, begrüßt die Gäste. „Der Wolf ruft viele Assoziationen hervor. Er steht für Mysteriöses, er ist ein Einzelgänger und ein Rudeltier, man denkt an Rotkäppchen und vieles mehr“, sagt Verena von Stackelberg. Ihr Haustier solle auf jeden Fall signalisieren, dass das Kino eigene Wege gehen will. Filme mit Anspruch zeigen, die vielleicht sonst nur einmal auf der Berlinale zu sehen sind.

Außergewöhnlich ist auch die Reihe „Baby Wolfgang“. Jeden Dienstag um 10.30 Uhr stehen aktuelle Kinofilme für Mütter und Väter auf dem Programm, die ihr Kleinkind mitbringen. Das Licht ist nur gedimmt, der Ton ein bisschen leiser, es gibt Untertitel, damit nichts verpasst wird, wenn eines der Kleinen mal schreit. Der Kinderwagen findet Platz im Café und es gibt einen Wickelraum. „Die Babys sollen aber nicht älter als ein Jahr sein, größere sind im Kino eher irritiert“, sagt von Stackelberg. Die Idee hat sie aus England mitgebracht. Das Angebot werde gut angenommen.

Sechs Jahre hat die junge Unternehmerin gebraucht, um ihre Idee in die Tat umzusetzen – vom Finden des richtigen Ortes, über Geld auftreiben bis zur aufwendigen Sanierung der großen Räume. „Ich selbst hatte keinen Pfennig, verarmter Adel“, sagt sie grinsend. Sie arbeitete zum Beispiel in einem Filmverleih, wollte raus aus ihrem 50-Stunden-Job, und es waren ihre Eltern, die sie daran erinnerten: Verena, du wolltest doch immer ein Kino haben.“

Doch finanziell konnten sie ihrer Tochter nicht unter die Arme greifen. Die Banken winkten ab, aber sie fand eine kinointeressierte Investorengruppe, andere Mitstreiter und sammelte per Crowdfunding Geld im Internet. Die Räume an der Weserstraße waren ebenfalls ein Glücksfall, aber arg heruntergekommen. Zuvor hatte hier ein Bordell seinen Sitz, mit Wendeltreppe von der Bar in die Zimmer darüber. Noch früher ein Rauchwarenladen, wovon der Name „Zigarre II“ am Schaufenster zeugte. Und den Fund eines alten Backofens konnte ein Anwohner erklären: Einst habe es hier die Bäckerei „Wolfgramm“ gegeben, benannt nach dem Besitzer Wolf. Ein schöner Zufall.

Anderthalb Jahre dauerte der Umbau. Nun gibt es neben der geräumigen Bar zwei Kinosäle mit 49 und 40 klassisch-roten und bequemen Plüschsesseln. Hier werden täglich Filme gezeigt. Und weil Verena von Stackelberg keine Blockbuster zeigt und das Niveau hochhalten möchte, hat sie für mehrere Standbeine gesorgt. So soll japanischer Mittagstisch noch mehr Gäste anlocken.

Und dann gibt es noch das Studio direkt nebenan, an der Wildenbruchstraße 6, ehemals ein Falafelladen mit Casino im Hinterzimmer. Hier wurde ein Veranstaltungsraum für Ausstellungen, Konzerte und Filme geschaffen. Einmal im Monat findet eine Lesung an einer langen Tafel statt, auf der Käse und Rotwein kredenzt werden. Das Herzstück des Studios ist aber der sogenannte Postproduktionsraum. Hier können Filme fertiggestellt werden, dazu gehören das Schneiden und die Farbkorrektur. „Bei uns kann der Techniker im Studio arbeiten und für den Regisseur ist es möglich, sich das Ergebnis gleich auf großer Kinoleinwand anschauen.“

Die Raum- und Equipmentmiete soll Geld in die Kasse bringen, das dann wieder für ein gutes Kinoprogramm ausgegeben wird. „Wir wollen Filmemacher noch in der Schaffensphase unterstützen“, sagt von Stackelberg. Sie hat weitere Pläne und möchte auch ausdrücklich etwas für die Nachbarschaft tun, zum Beispiel Senioren einladen oder Filme in Seniorenheime bringen. sus

Weitere Informationen und das aktuelle Programm sind zu finden unter www.wolfberlin.org.

Verena von Stackelberg (re.) und ihre Mitarbeiterin Anna Charlotte Kloos. | Foto: Schilp
Blickfang: ein Rudel Wölfe sind das Erkennungszeichen des neuen Kinos. Foto: Schilp | Foto: Schilp
Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

25 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 192× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 154× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 49× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 201× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.536× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.