Gisela und Dietmar Winkler bauten ein einmaliges Archiv zum Thema Zirkus auf

Gisela und Dietmar Winkler in ihrem Zirkusarchiv. | Foto: Bernd Wähner
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Niederschönhausen. Das Haus in der Waldowstraße 28 ist ein Haus voller Geschichte und Geschichten. In ihm bauten Gisela und Dietmar Winkler das wahrscheinlich umfassendste Zirkusarchiv Europas auf.

In diesem Haus wohnte Jahrzehnte vor ihnen einer der zu seiner Zeit bekanntesten Varietékünstler Berlins: Max Skladanowsky (1863-1939). Gemeinsam mit seinem Bruder Emil entwickelte er das Biocsop. Mit diesem stellten sie Ende des 19. Jahrhunderts die ersten bewegten Bilder her. Später traten sie im Varieté Wintergarten auf und zeigten dort ihre Kurzfilme. Eine Berliner Gedenktafel am Haus erinnert heute an Max Skladanowsky.

„Viele Jahre lebten wir noch mit Skladanowskys Tochter im Haus“, so Dietmar Winkler. Als sie starb, hinterließ sie den Winklers etliche Erinnerungsstücke. Die passen in ihr Zirkusarchiv. Die Winklers sammeln nämlich circensische Schriftstücke, Fotos, Plakate, Programmhefte und Kleinrequisiten. „Ich interessiere mich von Kindesbeinen an für Zirkus“, sagt Dietmar Winkler. Der 71-Jährige wuchs in einer kleinen Stadt im Erzgebirge auf. „Bei uns gastierten viele kleine Zirkusse. Die kamen nicht bis in die Hauptstadt Berlin. Sie schlugen in den vielen kleinen Städten im ganzen Land ihre Zelte auf.“

Schon als Kind begann Winkler, Programmhefte zu sammeln. Als junger Mann studierte er an der Verkehrshochschule in Dresden, ging zur Post und wurde schon bald Abteilungsleiter. Der Zirkus ließ ihn aber nicht los. Dieses Interesse brachte ihn in den 70er-Jahren auch mit seiner Frau Gisela zusammen. Die 72-Jährige war beim Berliner Hentschel Verlag für die Unterhaltungskunst zuständig. „Zu meinem Aufgabenbereich gehörten auch Publikationen über das Thema Zirkus“, erinnert sie sich. Der Verlag gab auch die Zeitschrift „Unterhaltungskunst“ heraus. Dietmar Winkler begann, für diese Zirkus-Rezensionen zu schreiben.

Anfang der 80er-Jahre richtete der DDR-Staatszirkus eine Abteilung Öffentlichkeitsarbeit ein. Dieser bestand im Kern aus Berolina, Busch und Aeros. Diese Zirkusse tourten inzwischen durch die ganze Welt. „Da wurde ein Pressesprecher gebraucht. Man fragte mich, und 1981 übernahm ich die Öffentlichkeitsarbeit“, so Winkler.

Seitdem saß er quasi an der Quelle. Er bekam alles in die Hände, was an Gedrucktem oder Fotografiertem entstand. Selbstredend pflegte er enge Kontakte zu den Künstlern. Sein Job ermöglichte ihm auch, mit Zirkussen in anderen Ländern in Kontakt zu treten.

So konnten die Winklers ein Archiv aufbauen. Dieses umfasst etwa 7600 Bücher aus aller Welt zu den Themen Zirkus, Varieté und Volksfeste. Weiterhin finden sich in der Sammlung 2000 Zeitschriften, 10 000 Programmhefte, 12 000 Fotos sowie unzählige Plakate, Zeitungsausschnitte, Videos, DVDs, Souvenirs und Spielzeuge. Ihr umfangreiches Archiv nutzen die Winklers auf vielfältige Weise. Immer wieder veröffentlichen sie Bücher. So hat Gisela Winkler zuletzt die beiden Bände „Die Geschichte der Artistik und des Zirkus“ sowie „Die Künste der Artistik“ herausgegeben. Und Dietmar Winkler schrieb das Buch „Zirkus in der DDR“. Derzeit sitzt er über einem Buch zur Geschichte des Zirkus „Gleich“. Außerdem unterstützen die Winklers immer wieder Ausstellungen.

Besonders beliebt ist die Sammlung bei Studenten, die über Zirkus und Varieté forschen. „Da kommen Anfragen aus aller Welt. Zuletzt hatten wir zum Beispiel Studenten aus Italien und Schweden zu Gast, die im Archiv recherchierten“, sagt Gisela Winkler. Und ihr Mann ergänzt: „Sie können das Archiv kostenlos nutzen. Wir bitten nur darum, dass wir ein Exemplar der fertigen Arbeit erhalten.“ Und von diesen wissenschaftlichen Arbeiten stehen inzwischen bereits Dutzende im Archiv. BW

Weitere Informationen zum Zirkusarchiv gibt es auf www.circusarchiv.de.
Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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