Siegfried und Angela Fischer engagieren sich im Café Treffpunkt
Prenzlauer Berg. Am 9. November 1989 wurde die Berliner Mauer geöffnet. Seitdem entwickelte sich nicht nur Berlin rasant. In den vergangenen 25 Jahren veränderte sich auch das Leben vieler Menschen in dieser Stadt. Die Berliner Woche stellt einige von ihnen in den nächsten Wochen vor.
Dass er sich einmal um obdachlose und sozial schwache Menschen in Prenzlauer Berg kümmern würde, hätte Siegfried Fischer vor 25 Jahren nicht gedacht. Er war Diplomverwaltungswirt, hatte einen sicheren Job als Beamter auf Lebenszeit bei der Bundesknappschaft in Bochum. "Die DDR interessierte mich nicht. Ich hatte weder Verwandte im Osten, noch sonst irgendwelche Kontakte", erinnert er. Ende der 80er-Jahre war Siegfried Fischer aber bereits ehrenamtlich tätig. Er engagierte sich als Christ in der Gefängnisarbeit. Dabei lernte er Jo Scharwächter kennen. Der machte mit seiner Karriere vom Zuhälter und Berufskriminellen zum Pastor von sich reden. Mit ihm organisierte er Weihnachtsfeiern für Inhaftierte.
Scharwächter lud ihn ein, an einer Aktion der Heilsarmee in Berlin teilzunehmen. Dabei lernte Fischer im September 1990 seine heutige Frau Angela kennen. "Ich engagierte mich bereits seit März 1989 bei der Heilsarmee", berichtet sie. "Das Geschehen in Ost-Berlin hatte ich natürlich aufmerksam von Westberliner Seite aus verfolgt. Als die Mauer dann geöffnet wurde, haben wir von der Heilsarmee am 10. November an der Invalidenstraße heiße Getränke verteilt." Hauptberuflich arbeitete Angela noch im Aquarienfachgeschäft ihrer Eltern. Im September 1990 begann sich dann das Leben von Siegfried und Angela radikal zu verändern. Reinhard Kraetzer, der damalige Sozialstadtrat von Prenzlauer Berg, hatte einen Markt der Möglichkeiten in Wedding besucht. Dort wurde er auf das Engagement der Heilsarmee für Obdachlose aufmerksam. Er erklärte dem damaligen Chef der Berliner Heilsarmee, Rolf Metzger, dass man sich solch ein Engagement auch in Prenzlauer Berg wünsche. Die Zahl der Obdachlosen und sozial Benachteiligten nahm seinerzeit stetig zu.
Metzger wiederum wandte sich an Angela und Siegfried, die damals Anfang dreißig waren. Er fragte, ob sie sich vorstellen könnten, eine Obdachloseneinrichtung in Prenzlauer Berg aufzubauen. "Ich habe mich dann für ein Jahr beurlauben lassen und bin nach Berlin gekommen", so Siegfried Fischer. "Im Januar 1991 begannen wir in der Naugarder Straße. Anfangs lief alles über Spenden. Wir hatten zu Mittag vier Sorten Dosensuppe anzubieten." Noch im Januar heirateten Siegfried und Angela Fischer. "Nach einem erfolgreichen Restitutionsantrag wurde der Heilsarmee aber in der Naugarder Straße gekündigt", erinnert sich der Heilsarmee-Sergeant. "Wir fanden dann glücklicherweise neue Räume in der Kuglerstraße 11. Am 22. Februar 1992 wurde das Café Treffpunkt eröffnet."
Fischer selbst hätte seine Auszeit vom Job gern verlängert. Er wollte sich weiter in Prenzlauer Berg engagieren. Weil das nicht möglich war, ließ er seinen sicheren Beamtenjob fallen. Seit nunmehr 22 Jahren ist er Leiter des Café Treffunkt der Heilsarmee. Gemeinsam mit seiner Frau und weiteren Helfern unterstützt er seitdem Menschen in ihrem nicht immer einfachen Alltag. Sie finden in Siegfried Fischer und seiner Frau Angela Menschen mit offenen Ohren und Herzen.
Bernd Wähner / BW
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