Beobachter des Adels: Zobeltitzstraße erinnert an Autor

Ulrich und Klaudyna Droske sowie Dorota Orland vom Deutsch-Polnischen Hilfswerk an der Zobeltitzstraße 68. F | Foto: Christian Schindler
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In der neuen Serie „Straßen im Bezirk“ stellt die Berliner Woche interessante Verkehrswege vor, aber auch interessante Menschen und kuriose Ereignisse, die mit ihnen in Verbindung stehen. Dieses Mal geht es um die Zobeltitzstraße.

Auf den ersten Blick gehört die Zobeltitzstraße nicht gerade zu den Schönheiten unter den Reinickendorfer Straßen. Sie verbindet als südliche Parallele zur Auguste-Viktoria-Allee die Siedlungen des Kiezes zwischen Stadtautobahn und Ollenhauerstraße. Wer heute an den Mehrfamilienhäusern entlanggeht, in denen sich an einigen Stellen auch Gewerbe im Erdgeschoss oder im Hinterhof befindet, kann sich kaum vorstellen, dass es dort noch bis ins 20. Jahrhundert eher ländlich zuging.

Im 19. Jahrhundert hieß diese Straße – der genaue Zeitpunkt der Benennung ist nicht mehr festzustellen – Wacholderstraße. Der Namenswechsel zu Zobeltitz erfolgte im Dezember 1936. Damit wurde ein zwei Jahre zuvor verstorbener Schriftsteller geehrt, den heute kaum jemand noch kennt, der aber zu Lebzeiten sehr erfolgreich war und mit seinen Themen auch zum „kaiserlichen Kiez“ rund um die „Auguste“, die seit 1892 an die letzte deutsche Kaiserin erinnert, passt.

Fedor Karl Maria Hermann August von Zobeltitz stammte aus einem sächsischen Adelsgeschlecht. Das Licht der Welt erblickte er am 5. Oktober 1857 auf dem Gut Spiegelberg in Brandenburg. Er schlug zunächst eine militärische Laufbahn ein. 1880 quittierte er den Dienst und wurde Verwalter des väterlichen Gutes. Nebenbei schrieb er für militärische Zeitschriften. Schon 1882 war er wieder in Berlin anzutreffen, wo er unter anderem das Deutsche Familienblatt redigierte und mit dem Schreiben von Unterhaltungsromanen begann. Später war er noch Chefredakteur der Illustrierten Frauenzeitung. Seine zweibändige „Chronik der Gesellschaft unter dem letzten Kaiserreich" gilt bis heute als wichtige Quelle zur wilhelminischen Ära Berlins.

Es ist eine sympathische Ironie Berliner Namensgebungen, dass die Zobeltitzstraße auch das Grundstück der Mark-Twain-Grundschule streift. Der Erfinder von Tom Sawyer und Huckleberry Finn schilderte sehr humorvoll das Deutschland, das er während seiner Europa-Reise am Ende des 19. Jahrhunderts vorfand. Auch Zobeltitz verstand es, das Leben von Adligen wie auch Dienstmädchen amüsant zu schildern, ohne seine Figuren der Lächerlichkeit preiszugeben. Zobeltitz starb am 10. Februar 1934 in Berlin. Sein Urnengrab kann noch heute auf dem Städtischen Friedhof Wilmersdorf, Berliner Straße 81-103, Kreuzgang, Wand B, Nische 123, besucht werden.

So sehr Zobeltitz der Gesellschaft des Kaiserreichs verbunden war, so international waren seine Interessen. Er bereiste Europa, aber auch Algerien und Marokko. Da trifft es sich gut, dass es auch an der nach ihm benannten Straße Internationales gibt. An der Zobeltitzstraße 68 hat das Deutsch-Polnische Hilfswerk seinen Sitz.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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