Wohnheim für Obdachlose eingeweiht

Heimleiterin Susanne Grille im Gespräch mit Hausmeister Henryk Broy. | Foto: Kiefert
2Bilder
  • Heimleiterin Susanne Grille im Gespräch mit Hausmeister Henryk Broy.
  • Foto: Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Reinickendorf. Zum Jahresbeginn hat die Berliner Stadtmission das Wohnheim für Obdachlose in der Kopenhagener Straße 29 übernommen. Gründlich renoviert wurde es am 9. Juli eingeweiht. Träger war zuvor 25 Jahre lang das Bezirksamt.

Dieter hat keine Scheu vor Fremden, die plötzlich in seinem Zimmer stehen. Höflich beantwortet er die Fragen, während der Fernseher munter weiter summt. "Seit zehn Jahren bin ich schon hier", sagt er. Mit "hier" meint er Zimmer 125 im Wohnheim für Obdachlose an der Kopenhagener Straße. Dorthin kam er nach der Scheidung von seiner Frau. Auf der Straße hat er nie gelebt, ging gleich ins Wohnheim, als er keine Wohnung fand. 69 Jahre alt ist Dieter heute und allein. Die zwei erwachsenen Kinder besuchen ihn nicht. Er weiß auch gar nicht, wo sie sind, sagt Dieter.

Einige Türen weiter wohnt Uwe, 54 Jahre alt. Vor zwei Jahren verlor der Maschinenbaumechaniker erst seine Arbeit, dann die Wohnung. Er lebte auf der Straße, bevor er ins Wohnheim zog. Dort will er bleiben, bis er ein eigenes Zuhause gefunden hat. Dieter und Uwe, das sind nur zwei der 115 Männer und Frauen, die im Wohnheim leben. Sie alle sind aus ähnlichen Gründen hier, aber jeder hat eine andere Geschichte.

Eine, die sie alle kennt, ist Susanne Grille. Die Leiterin und ihre Mitarbeiterin Christine Lox sind die guten Seelen des Hauses. Mit Fingerspitzengefühl, Empathie und Geduld kümmern sie sich um die Bewohner, teilen ihre Sorgen, helfen bei Wohnungssuche und Ämtergängen. "Der Jüngste hier ist 19 Jahre alt, der Älteste 75", erzählt Susanne Grille. Die meisten sind Männer, einige bleiben für immer. Auch das gehört zum Konzept der Berliner Stadtmission. Keiner wird rausgeworfen, jeder ist willkommen in der Not.

Seit Januar dieses Jahres ist die Berliner Stadtmission die neue Trägerin des Wohnheimes. Zuvor war es seit 1989 in der Trägerschaft des Bezirksamtes. Das hätte es auch gern behalten, sagte Sozialstadtrat Andreas Höhne (SPD), musste es aber aus haushalterischen Gründen abgegeben. Sechsstellig sei die Summe gewesen, die der Bezirk jedes Jahr für das Wohnheim zuschießen musste, weil das Budget vom Senat nicht ausreichte. 2009 begann der Bezirk deshalb nach einem neuen Träger zu suchen. Das Konzept der Stadtmission, die sich im Frühjahr 2010 bewarb, setzte sich durch und überzeugte auch die Bezirksverordneten, die dem Trägerwechsel zustimmten. Bis der Kaufvertrag mit dem Liegenschaftsfonds Berlin als Eigentümer des Grundstücks unter Dach und Fach war, verging dann noch einige Zeit. Danach stand eine gründliche Renovierung des Wohnheims zu einem hellen, freundlichen Haus an.

Jeder Bewohner hat ein Einzelzimmer, fast alle mit Balkon. Gemeinsame Duschen und Badezimmer, Ess- und Wohninseln, Gemeinschaftsräume, Küchen, ein Veranstaltungssaal, Gruppen- und Werkräume sowie ein großer Garten gehören zum Haus. Wohnen können dort Männer und Frauen, die schon lange kein Dach mehr über dem Kopf haben oder akut von Obdachlosigkeit betroffen sind. Viele können trotz Integrationsversuchen nicht eigenständig leben. Andere sind gesundheitlich eingeschränkt, so wie Dieter, der im Rollstuhl sitzt. Fast allen gemeinsam ist, dass der Kontakt zur Familie schon lange abgebrochen ist.

Ulrike Kiefert / uk
Heimleiterin Susanne Grille im Gespräch mit Hausmeister Henryk Broy. | Foto: Kiefert
Dieter (69) lebt seit zehn Jahren in dem Wohnheim. Woanders will er nicht mehr hin. | Foto: Kiefert
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

48 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 218× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 403× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.373× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.199× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.