Frischer Optimismus - alte Skepsis: Reaktionen auf Oeynhausen-Papier

Optimist am Gartenzaun: Der Kolonievorsitzende Alban Becker sieht Licht am Ende des Tunnels. | Foto: Schubert
  • Optimist am Gartenzaun: Der Kolonievorsitzende Alban Becker sieht Licht am Ende des Tunnels.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Schmargendorf. Neuer Gipfel des Gutachtenstapels: Bei der Frage, welche Schadensersatzforderungen dem Bezirk blühen, sollte er dem Investor auf dem Oeynhausen-Grundstück sein Bauprojekt verweigern, sieht der Experte Michael Wild nur "minimale Risiken". Die Gärtner jubeln - zu recht?

Mehr als 30 Millionen Euro oder höchstens ein Taschengeld - schwindelerregend weit spannen sich die Angaben in der wichtigsten Frage um den Dauerstreit zur Rettung der Kleingartenkolonie Oeynhausen. Sie heißt nach wie vor: Wie viel Geld müsste der Staat in die Hand nehmen, um per Bebauungsplan eine Kleingartennutzung auf dem Grundstück einer Investorengruppe an der Forckenbeckstraße festzuschreiben, die hier Wohnungen bauen will?

Und je nachdem, welche Punkte man als stichhaltig betrachtet, ergeben sich verschiedene Ergebnisse. Einer der günstigsten Befunde im Sinne der Kleingärtner, die vergangenen Frühling einen Bürgerentscheid über ihre Rettung mit 77 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen haben, lieferte nun der Gutachter Michael Wild. Im Auftrag der BVV-Fraktionen von CDU und Piraten ermittelt er "nur minimale Entschädigungsrisiken" und beruft sich dabei auf die bestehende Erschließung des Grundstücks, die bereits seit Jahrzehnten gegeben sei. "Da der Eigentümer nicht innerhalb des vorgesehenen Zeitraums von sieben Jahren von der Bebauungsmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, kann er nun bei Festlegung einer Nutzungsänderung in einem neuen Bebauungsplan keine Entschädigung mehr geltend machen", heißt es von Seiten des Gutachters. Auch eine Gefahr durch die so genannte "Sonderopfer-Rechtsprechung" schließt sein Papier aus.

Auf die Frage, weshalb sein Ergebnis so sehr abweicht vom kritischsten Befund des Bezirksamts, beantwortet Wild mit verschiedenen Herangehensweisen bei der Untersuchung. "Ich komme nicht zu völlig anderem Ergebnissen", gibt er zu Bedenken. Aber die Gutachten, die von millionenschweren Haftungsrisiken ausgehen, ließen die für ihn wesentliche Erschließungsfrage unberührt. Und widmeten sich dafür ganz anderen Fragen, was Wild folgendermaßen deutet: "Es wurde wohl eine Gegenposition aufgebaut mit viel Aufwand und Geld."Nach Einholung eines eigenen Gutachtens fühlt sich die CDU-Fraktion in ihrer Haltung bestärkt, dass es zulässig wäre, die Rettung der Kolonie Oeynhausen mit Festsetzung eines Bebauungsplans zu besiegeln. "Wir werden dieses Gutachten zum Maßstab unseres weiteren Handelns nehmen", versprach die Fraktionsvorsitzende Susanne Klose. Und CDU-Bauexperte Arne Herz sieht Wilds Untersuchung sogar als "gesammeltes Werk, das in der Gutachtenflut die Marschroute gibt".

Auch Holger Pabst sieht die Forderung seiner Piratenfraktion nach einer Lösung des Dauerkonflikts im Sinne der Gärtner nochmals bekräftigt. Bisherige Analysen hätten sich auf andere Inhalte konzentriert und seien in den wesentlichen Punkten "schwammig".

"Dieses Gutachten gibt Politikern das an die Hand, was sie brauchen, um ihre Versprechen endlich umzusetzen", äußert sich der Kolonie-Vorsitzende Alban Becker. Aus seiner Sicht "schreit das Ganze nach Bebaungsplan-Festsetzung". Man sei gespannt, wie die anderen politischen Akteure mit der neuen Situation umgehen werden.

"Nichts völlig Neues" liest hingegen Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) aus Wilds Papier: "Es beleuchtet eine von mehreren Varianten, die alle diskutiert werden. Das Risiko ist damit nicht aus der Welt, aber wir werden die Ergebnisse noch einmal genau prüfen", versicherte der Stadtrat. Weshalb sein Amtsvorgänger, der heutige Bundestagsabgeordnete Klaus Dieter Gröhler, bei dieser "angeblich sonnenklaren Situation" die Sicherung nicht veranlasst habe, hält Schulte allerdings für fraglich. Unklar bleibe auch, weshalb die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus den Optimismus ihrer BVV-Kollegen nicht teilt. Sie schloss bei jeder Behandlung des Themas Hilfe völlig aus.

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 115× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 93× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 180× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 570× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.