Judenretterin Hedwig Porschütz und ihre späte Anerkennung

An der Stelle, an der ihr Wohnhaus früher stand, wird seit 2012 an Hedwig Porschütz erinnert. | Foto: KEN
3Bilder
  • An der Stelle, an der ihr Wohnhaus früher stand, wird seit 2012 an Hedwig Porschütz erinnert.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

„Deine Taten leben in uns fort“, sagte Inge Deutschkron im November 2012 bei der Enthüllung einer Gedenktafel für Hedwig Porschütz im Innenhof der heutigen „Schöneberger Terrassen“.

Erinnert wird dort an eine unangepasste Frau, von der kein Foto überliefert ist, die seit dem Jahr 2000 kein Grab mehr hat und die zu Lebzeiten nie Anerkennung erhielt für ihren lebensgefährlichen Einsatz für die Rettung von Juden. Inge Deutschkron, die jüdische Publizistin und Zeitzeugin, die die Naziherrschaft auch dank „Hede“ Porschütz überlebte, hatte gemeinsam dem damaligen Kulturstaatssekretär André Schmitz die Anbringung der Tafel initiiert.

Erst im Juni 2011 hatte die Staatsanwaltschaft Berlin auf Antrag des Fördervereins „Blindes Vertrauen“ ein Gerichtsurteil gegen Hedwig Porschütz aufgehoben – 67 Jahre, nachdem es gefällt worden war. Davon hatte Hedwig Porschütz, Tochter eines Brauers in der Schöneberger Schlossbrauerei, nichts mehr. 1977 war sie 77-jährig in einem Altersheim in der Hauptstraße 125 gestorben.

Hedwig Porschütz war im Herbst 1944 wegen „Hortung von Lebensmitteln“ zu anderthalb Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Die Geschäfte betrieb sie nicht zur eigenen Bereicherung. Hedwig Porschütz beteiligte sich an den Hilfsaktionen des Bürstenfabrikanten Otto Weidt, versteckte Juden in ihrer winzigen Mansardenwohnung in der Alexanderstraße 5, besorgte ihnen Lebensmittel und falsche Papiere. Nach ihrer Freilassung am 7. Mai 1945 schlug sich Hedwig Porschütz nach Berlin durch. Ihre alte Wohnung existierte nicht mehr. Mit ihrem Mann, der im Krieg gewesen war, lebte sie in bedrückenden Verhältnissen in der Feurigstraße 43.

Mitte der 50er-Jahre bemühte sich die stille Heldin um Anerkennung als politisch Verfolgte beim Berliner Entschädigungsamt. Ihr Antrag wurde abgelehnt, weil die Hilfe für verfolgte Juden damals nicht als Akt des Widerstands gegen das Naziregime gewertet wurde. Ebenso zurückgewiesen wurde ihr Gesuch um Beihilfe aus dem Fonds „Unbesungene Helden“ für Judenretter beim Westberliner Innensenator Joachim Lipschitz. Nach wie vor war Hedwig Porschütz als Kriminelle rechtskräftig verurteilt. Die "Kriegswirtschaftsverordnung" aus der Nazizeit gilt übrigens noch immer. Hinzu kamen die Moralvorstellungen in der jungen Bundesrepublik. Hedwig Porschütz hatte als Prostituierte gearbeitet: „Begleitumstände“, die für die Behörden „auf ein derart niedriges sittliches und moralisches Niveau der Frau Porschütz schließen lassen“ und das „Ehrendokument“ einer Anerkennung als politisch oder rassisch Verfolgte wie auch die „Ehrung“ als "unbesungene Heldin"“ unmöglich machten.

2010 hat Johannes Tuchel, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, ein Büchlein über Hedwig Porschütz, ihre Hilfsaktionen und ihre Diffamierung geschrieben. Seit 2012 ist sie in der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern aufgenommen. Und zu Jahresbeginn hat der Kulturausschuss der BVV Mitte vorgeschlagen, eine Straße im Neubaugebiet an der Heidestraße nach Hedwig Porschütz zu benennen.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüft- und Knieschmerzen müssen nicht sein.  | Foto: AdobeStock_197992483

Infoabend für Patienten
Schluss mit Hüft- und Knieschmerzen!

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben dauerhaft beeinträchtigen? Oder schmerzt das Knie bei jedem Schritt? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie herzlich zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüft- und Knieschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden...

  • Westend
  • 26.03.24
  • 177× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 358× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 1.326× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 1.155× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.