Flüchtige Kindheit

Die Porträtaufnahme entstand 1940 in Berlin. Doris war damals etwa neun Jahre alt. | Foto: Wir waren Nachbarn
  • Die Porträtaufnahme entstand 1940 in Berlin. Doris war damals etwa neun Jahre alt.
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Schöneberg. Fünf Tage vor dem internationalen Holocaustgedenktag 2017 haben das Ausstellungsprojekt „Wir waren Nachbarn“, das Bezirksamt, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin/Potsdam im Rückert-Gymnasium ihre gemeinsame Gedenkveranstaltung begangen.

Thematischer Schwerpunkt war die Kindheit unter den Bedingungen von Verfolgung, Flucht und Exil, eine „flüchtige Kindheit“. Damit stand Doris Kaplan im Mittelpunkt des Abends in der Mettestraße 8.

Das Schicksal des jüdischen Mädchens, das 1940 als Neunjährige ganz allein nach Berlin kam, um hier zur Schule zu gehen – in ihrem Heimatort Guben durfte sie das schon nicht mehr, ihre Eltern bemühten sich um Ausreise – gehört zu den bewegendsten Geschichten, die in der Dauerausstellung „Wir waren Nachbarn“ mit über 150 biographischen Alben über ehemalige jüdische Einwohner in Schöneberg und Tempelhof im Rathaus Schöneberg präsentiert werden.

Doris schrieb aus der Luitpoldstraße, wo sie zunächst in Hausnummer 5 und ab Februar 1942 in Nummer 21 bei Freunden der Eltern untergekommen war, jeden Sonntag von Fröhlichkeit und Sehnsucht erfüllte Briefe nach Hause. Im Dezember 1941 starb der Vater an Fleckfieber. Der Gubener Arzt war als „Krankenbehandler“ beim Autobahnbau eingesetzt. Ostern 1942 wurden Doris und ihre Mutter,u Elisabeth Kaplan ins Warschauer Ghetto deportiert. Dort verliert sich im Herbst des Jahres ihre Spur.

Jenny Erpenbeck stieß während Recherchen für ihren 2008 erschienen Roman „Heimsuchung“ über die Geschichte eines Hauses am Scharmützelsee und seiner Bewohner von der Weimarer Zeit bis zur Wende auf das jüdische Mädchen aus dem Bayerischen Viertel. Erpenbeck verfasste für „Wir waren Nachbarn“ Doris’ Album.

Die Schriftstellerin und Thomas-Mann-Preisträgerin war Hauptgast der Gedenkveranstaltung. Sie las aus „Heimsuchung“. Schülerinnen des Rückert-Gymnasiums trugen Briefe von Doris Kaplan vor. Die sehr bewegende Veranstaltung wurde von Lehrern und Schülern des Gymnasiums musikalisch umrahmt. KEN

„Wir waren Nachbarn“ im Rathaus Schöneberg, John-F.-Kennedy-Platz, montags bis donnerstags sowie sonnabends und sonntags 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei; www.wirwarennachbarn.de.
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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