Klaus Dieter Spangenberg interessiert sich für Außenseiter der Geschichte

Klaus Dieter Spangenberg liebt alte Grammophone, sammelt Schelllackplatten und schreibt Bücher. | Foto: KEN
  • Klaus Dieter Spangenberg liebt alte Grammophone, sammelt Schelllackplatten und schreibt Bücher.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Im Café Kiezoase in der Barbarossastraße: Klaus Dieter Spangenberg hat ein Grammophon aus den 30er-Jahren mitgebracht. Man muss die Kurbel drehen. Sanft setzt er die Nadel auf eine Schellackplatte auf. Es erklingt der Lindenmarsch, zur Einstimmung auf den Abend. Klaus Dieter Spangenberg wird sein neues Buch vorstellen.

Es handelt von Joseph Richard Marcuse, Sohn aus wohlhabender jüdischer Familie in Berlin-Mitte, der zum protestantischen Glauben übertrat, um Offizier in der kaiserlichen Armee und „hoffähig“ zu werden. „Ich interessiere mich für Kunst, für Geschichte, für die verlorengegangene jüdische Geschichte“, erklärt Klaus Dieter Spangenberg, der eigentlich Sozialarbeiter und Kunsttherapeut ist. Seit 2010 aber beziehe er Erwerbsminderungsrente und musste sich damals fragen, wie er s seinen Alltag strukturiert.

Also gab Klaus Dieter Spangenberg seiner Leidenschaft für Kunst und Geschichte nach und machte sich ans Bücher schreiben. „Mich interessieren die Außenseiter. Ich will sie wiederentdecken und bekanntmachen“, sagt der Mittfünziger. Oft hilft der Zufall.

Es fing an mit dem vergessenen schlesischen Maler Josef Block, Mitglied der Berliner und Münchner Secession, gefolgt von zwei Büchern, in denen er ganz Persönliches zum Spiegel deutscher Geschichte gemacht hat: ein Buch über das Café seiner Eltern, das über 100 Jahre Marburger Kaffeehauskultur abbildet, und über einen schwulen Onkel während der Nazizeit.

Spangenbergs Veröffentlichungen sind eine One-Man-Show. Er kümmert sich um alles: das Konzept, das Layout, die Bearbeitung, das Cover, die Fotos und selbstverständlich den Text.

Die Recherche sei trotz der segensreichen Errungenschaft Internet oft mühselig, berichtet der Autor. „Es braucht viel Zeit. Das ist richtige detektivische Arbeit.“ Aber Zeit hat Klaus Dieter Spangenberg ja – und die Lust am Forschen. „Es ist wie auf Schatzsuche gehen. Jeder einzelne Fund fasziniert mich“, sagt er.

Wie beim jüngsten Buch über den Rittmeister. Für eine Gruppe von Freunden, die eine Patenschaft für das Marcuse-Grab auf dem Alten St. Matthäus-Kirchhof übernommen hatten, sollte Spangenberg über den Bestatteten etwas herausfinden. Geplant war ursprünglich nur ein vierseitiger Flyer, herausgekommen ist ein 109-seitige Publikation.

Er habe für das Buch aber auch einen „inneren Antrieb“ gehabt, sagt der Hobby-Historiker. „Ich gehe gern über diesen Friedhof.“ Dort an der Großgörschenstraße will er selbst einmal seine letzte Ruhe finden, in der Grabstätte für an Aids Verstorbene des Vereins Denkmal Posithiv, die zugleich Denkmal ist. Bis dahin wird Klaus Dieter Spangenberg aber hoffentlich noch ungezählte Monographien verfassen können. Er arbeitet schon am nächsten Projekt. Es geht wieder um einen Maler, den Spätexpressionisten Ernst Kelle, einen „Malerphilosophen aus der verlorenen Generation“, wie ihn Spangenberg nennt. Und wieder war Privates der Auslöser. Drei Kelle-Bilder befinden sich in Familienbesitz. „Zwei hängen in meinem Wohnzimmer“, verrät Klaus Dieter Spangenberg. „Ich bin mit ihnen aufgewachsen.“ Erste Recherchen sind bereits erfolgreich. „Wenn ich einmal eine Spur habe, dann bleibe ich dran.“ 

Informationen unter www.artandbooks.de.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 227× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 190× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 103× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 223× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.558× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.