Varianta-Gründer verstorben: Ist das Erbe von Wolfgang und Margit Nusche gefährdet?

24. Februar 2018
20:00 Uhr
Spandauer Volkstheater Varianta, 13597 Berlin
Margit (3. von rechts) und Wolfgang Nusche (2. von links) standen auch immer selbst auf der Bühne. | Foto: Varianta
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  • Margit (3. von rechts) und Wolfgang Nusche (2. von links) standen auch immer selbst auf der Bühne.
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Die Gründer des Spandauer Volkstheaters Varianta, Margit und Wolfgang Nusche, sind, wie erst jetzt bekannt wurde, im Dezember 2017 kurz nacheinander verstorben.

Wer das Spandauer Theater Varianta in seinen Hochzeiten besuchte – das waren von den späten 1970er Jahren bis einschließlich 2006 jährlich rund zwölftausend Zuschauer – der kannte auch den Theaterdirektor Wolfgang Nusche und seine Frau Margit, die die tragenden Säulen des legendären Volkstheaters waren. Gegründet hatten sie Varianta 1965 in einem Haselhorster Tanzsaal.

Als lebensechte Inkarnation des Theaterdirektors Striese machte Wolfgang Nusche aus seinem „Zimmertheater“ in Spandau das erfolgreichste Volkstheater Berlins. Tageszeitungen verglichen Nusches kleine Bühne im alten Kant-Gymnasium an der Carl-Schurz-Straße 59 mit dem Hamburger Ohnsorg Theater oder mit der Kölner Bühne von Willy Millowitsch.

Höhepunkt des Erfolgs waren die neunziger Jahre, in denen es nur noch durch lang geplante Vorbestellungen möglich war, für Stücke wie „Hofball bei Zille“ oder „In der Spelunke zur alten Unke“ an eine der knapp 200 Karten pro Vorstellung zu gelangen. „Ausverkauft“ war das Schild, was diese Jahre prägte. Und mit „Die wilde Hilde“ schaffte es die kleine Bühne 1994 sogar bis ins Fernsehen.

Wolfgang Nusche, der bei Leierkastenmusik höchstselbst an der Kasse alle Zuschauer begrüßte, wusste immer genau, was „seine“ Zuschauer sehen wollten. Turbulente Verwechslungskomödien aus dem Berlin der Kaiserzeit bis zu den zwanziger Jahren, dazu schmissige Berliner Operettenmelodien von Paul Lincke oder Eduard Künneke, und ein Ensemble, das es in sich hatte. Jeder und jede auf der Bühne ein Unikum für sich. Ganz vorne weg natürlich seine Frau Margit, die mit ihrer dunklen und mehr als kräftigen Stimme sowie ihrer unglaublichen Energie die Handlung vor sich her peitschte.

Namen wie „der kleene Dünne“ Nikolai Rhein, der operettenhafte Klaus Hütter, das gestandene Weibsbild Christel Grünewald, der stets verschrobene Ingo Schenk, die völlig irre Reni Aschenbeck, die Grande Dame Gitti Gutmann, die verführerische Alexandra Fabeck, der Beamte vom Dienst Sandro Preuß und – last but not least – Wolfgang Nusche selbst als Urberliner Type, seien nur beispielhaft genannt für das in der Regel 14-köpfige Ensemble.

Dann 2006, nach mehreren Schlaganfällen, musste Wolfgang Nusche die Leitung abgeben. Er und Ehefrau Margit zogen sich zurück, nahezu das gesamte Ensemble mit ihnen. Die Zeit des altbewährten Varianta war vorbei.

Margit Nusche pflegte von nun an aufopferungsvoll ihren schwerstkranken Mann. Am 3. Dezember 2017 haben sie dann ihre unendlich scheinenden Kräfte verlassen. Sie starb friedlich und völlig überraschend. Und nur wenige Tage später, am 10. Dezember 2017, folgte ihr Mann Wolfgang. Margit Nusche wurde 78 Jahre alt, ihr Mann 82 Jahre.

Auch das Varianta-Erbe ist bedroht. Nach dem Umbau des alten Kant-Gymnasiums zum sanierungsbedingten Ausweichstandort der Musikschule verlor das Theater die Bühne. Noch glänzt zwar der berühmte rote Vorhang, doch die alte Technik wurde ausgebaut. Die Kulturabteilung des Bezirksamtes ist zwar aufgeschlossen für eine Erneuerung, doch wann die kommt, ist ungewiss.

Die Zwischenzeit überbrückt Theaterleiterin Sonya Martin mit ihrem Kollegen André Rauscher auf Augenhöhe mit dem Publikum. Rauscher gastiert regelmäßig mit seinem Otto-Reutter-Programm, zusammen geben beide das Musik-Kabarett-Programm „Das Beste kommt zum Schluss“. Beide Programme werden vom Pianisten Erwin Böhlmann begleitet. Jetzt ist es an den Spandauern, mit ihrem Besuch dafür zu sorgen, dass das Beste an Kleinkunst nicht das Letzte ist, das von Varianta bleibt. „Das Beste kommt zum Schluss“ wird wieder am 24. Februar um 20 Uhr und am 25. Februar um 19 Uhr gespielt. Für den März sind weitere Termine beider Programme geplant. Karten kosten 19 Euro, ermäßigt 14 Euro, und können unter 54 77 50 35 bestellt oder dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie sonnabends von 10 bis 14 Uhr im Gotischen Haus, Breite Straße 32, erworben werden. Margit und Wolfgang Nusche hatten 1965 das Spandauer Volkstheater Varianta gegründet.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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