Bundesdeutsche Stimme aus Spandau: Volksblatt mit bemerkenswertem Journalismus

Günter Grass schrieb nicht nur für das Spandauer Volksblatt, sondern betätigte sich auch einmal werbewirksam als Zeitungsverkäufer. | Foto: Archiv Spandauer Volksblatt
  • Günter Grass schrieb nicht nur für das Spandauer Volksblatt, sondern betätigte sich auch einmal werbewirksam als Zeitungsverkäufer.
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Spandau. 70 Jahre Spandauer Volksblatt sind mehr als nur 70 Jahre Zeitungsgeschichte. Die Geschichte reicht noch weiter zurück.

Nach dem dritten Antrag hatte Erich Lezinsky Erfolg. Am 1. März 1946 erhält er vom britischen General Alec Bishop die Lizenz-Urkunde für das Spandauer Volksblatt. Er schließt damit nach den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur an demokratische Traditionen der Weimarer Republik an. Am 24. Februar 1933 hatten die braunen Machthaber das Volksblatt für Spandau und das Havelland verboten.

Erich Lezinsky war am 26. Mai 1886 in Gorgast im Oderbruch zur Welt gekommen, war Buchdrucker geworden und später Redakteur beim Volksblatt. Nach dem Verbot der Zeitung wird er in die Konzentrationslager Brandenburg und Sachsenhausen verschleppt, schließlich kommt er im Dezember 1933 frei. Er arbeitet als Lagerarbeiter, bis er nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wieder inhaftiert wird.

Als am 5. März 1946 das erste Spandauer Volksblatt erscheint, ist Erich Lezinsky Verleger und Chefredakteur in Personalunion. Mit dem Erwerb der Stückrathschen Druckerei 1947 am Hafenplatz ist gewissermaßen das Spandauer Pressezentrum gegründet.

Trotz der Fokussierung auf die Zitadellenstadt wird das Spandauer Volksblatt auch eine Stimme der Bundesrepublik Deutschland. Es begleitet mit Sympathie die Ostpolitik von Willy Brandt (SPD), als der noch Regierender Bürgermeister von West-Berlin ist. Für bundesweite Resonanz sorgen auch Beiträge des späteren Literaturnobelpreisträgers Günter Grass oder des Kabarettisten Wolfgang Neuss.

Aber auch andere bekannte Namen finden sich unter den Autoren. Die Tagesthemen-Moderatorin Anne Will schrieb hier ebenso wie Alice Brauner, Tochter des Filmproduzenten Arthur Brauner, der mit seinen CCC-Filmstudios in Spandau Filmgeschichte schrieb. Die werden in diesem Jahr übrigens auch 70 Jahre alt.

Gleichwohl gingen die Umbrüche der Branche nicht spurlos an der Zeitung vorbei. Am 29. Februar 1992 ist das Spandauer Volksblatt zum letzten Mal als Tageszeitung erschienen, wurde Wochenzeitung und am 24. Juni 1994 Anzeigenzeitung. Als solche ist sie immer noch Spandaus wichtigstes Medium – und mit Abstand Berlins erfolgreichste Anzeigenzeitung. CS

Alle Beiträge zum Thema "70 Jahre Spandauer Volksblatt" finden Sie hier.

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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