Spandauer Blues- und Rocklegende verstorben

Werner Krabbe stand am liebsten auf der Bühne. "Umkippen und jut isset" sagte er immer, wenn es um den Tod ging. | Foto: Dietrich. v. Plettenberg
  • Werner Krabbe stand am liebsten auf der Bühne. "Umkippen und jut isset" sagte er immer, wenn es um den Tod ging.
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Spandau. Die Beat-Generation trauert um einen ihrer Größten. Am 25. Januar ist Werner Krabbe, eine weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Berliner Blues- und Rocklegende aus Spandau, gestorben. Berliner-Woche-Reporter Horst-Dieter Keitel kannte ihn seit vielen Jahren und hat einen Nachruf auf den 70-Jährigen geschrieben.

Das letzte Mal sind wir uns kurz vor dem Jahreswechsel bei unseren routinemäßigen Rundgängen durchs Dorf in der Spandauer Altstadt über den Weg gelaufen. Wie üblich haben wir über das Dasein in der Künstlerwelt erzählt, über das Lesen von Büchern und das Melen von Bildern philosophiert, über die Politik gemeckert, in Erinnerungen gewühlt und mit "im Kopp wie 17" über andere Opas, die wir noch von früher kennen, gelästert. Und, du hast dich beklagt, dass ich schon "mindestens seit Jahrzehnten" nichts mehr über dich geschrieben hätte. Dass es nun aus diesem endgültigen Anlass dazu kommen musste, ist schon mehr als bitter. Es gab eine Zeit, da hätte sich keine Mutter den einstigen Fürsorgezögling Werner Krabbe zum Schwiegersohn gewünscht. Dafür lagen ihm die Töchter zu Füssen. Er war jung, langhaarig, wild, sah gut aus und er war der Sänger der beiden damals, in den 1960er-Jahren, mit Abstand härtesten Beatbands im alten West-Berlin.

Zunächst als Sänger der "Hound Dogs" und später als Stimme der legendären "The Boots" gehörte Werner Krabbe zu den angesagtesten Idolen einer ganzen Halbstadt-Generation. Die Berliner Boots wurden mit den britischen Popstars der Zeit - Kinks, Rolling Stones oder Animals - verglichen. Und das völlig zu Recht: Ihre erste, 1965 erschienene Langspielplatte "Here are The Boots" rangiert heute unter den bedeutendsten R&B-Scheiben aller Zeiten und ist eine gesuchte Rarität. Die Band ist Kult und Werners Interpretation des "Them"-Klassikers "Gloria" gilt bei Experten bis heute als eine der besten Versionen überhaupt. Der Bann ist ungebrochen, noch heute gibt es eine eingeschworene Boots-Fan-Gemeinde - inzwischen freilich im Seniorenalter.

Ein schräger Typ

Werner Krabbe war ein schräger Typ, echt mit Ecken und Kanten sowie einer unnachahmlichen, wie extra für den Rock’n’Roll gemachten Stimme. Seine persönliche Version der Geschichte, auch wenn er zwischendurch mal den Geschäftsmann mit eigener Zoohandlung in Spandau gegeben hat, hatte er buchstäblich verinnerlicht. Jedenfalls hat er den Bluesbrother, inklusive etwas unübersichtlicher Frauengeschichten, bis zum letzten Tag mit allen Fasern gelebt, Musik gemacht und in den letzten Jahren noch einige umjubelte Auftritte gehabt. Er war der Prototyp einer Rockstarlegende auf der Überholspur beziehungsweise auf dem Radfahrweg (er war meist mit dem Drahtesel unterwegs)und ist nun so gestorben, wie er sich das vorgestellt hat: "Umkippen und jut isset", lautete seine Bedingung. Nur hat er sich vorher hingelegt und ist beim Lesen eines Buches sanft und für immer eingeschlafen.

Mensch Werner, wir waren bestimmt nicht immer die besten Freunde, aber Brüder im Geiste allemal und unsere Altherrengespräche mit "im Kopp wie 17", werden mir verdammt fehlen. Keiner, der das Vergnügen hatte, dich zu kennen, und das sind eine Menge, wird dich je vergessen. In diesem Sinne: "Tschüss Werner, in unseren Gedanken bleibste dabei!"

Die Trauerfeier zur Urnenbeisetzung findet am 20. Februar um 13 Uhr auf dem Friedhof in den Kisseln, Pionierstraße 82-156, statt. An diesem Tag wäre Werner Krabbe 71 Jahre alt geworden.

Horst-Dieter Keitel / hdk
Autor:

Horst-Dieter Keitel aus Tempelhof

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