Malochen auf der Startbahn: Familie Dessin baut Flughafen-Tower zu Büros aus

Ein Kraftakt: Die Dessins bauen den 13 Meter hohen  Tower zum Bürohaus aus. | Foto: Ulrike Kiefert
8Bilder
  • Ein Kraftakt: Die Dessins bauen den 13 Meter hohen Tower zum Bürohaus aus.
  • Foto: Ulrike Kiefert
  • hochgeladen von Ulrike Kiefert

Staaken. Arbeiten in einem Tower? Ausgefallener geht es kaum. Doch Georg Dessin saniert das historische Gebäude auf dem ehemaligen Flughafen Staaken gerade zum Bürohaus.

Georg Dessin sah diesen Tower und war sofort verliebt. Was für ein imposantes Gebäude, das hier so unnütz verkommt. Daraus ließe sich doch etwas Sinnvolles machen. Eine Idee blitzte in ihm auf. Doch die verwarf Dessin erst mal wieder. Bis er und seine Frau nach neuen Räumen für ihre Spandauer Firma suchten. Da fiel ihm der Tower Am Zeppelinpark 27 wieder ein.

Bei seiner Familie stieß die „verrückte“ Idee zuerst auf Verwunderung. Arbeiten in einem Tower? „Für dieses Projekt musste ich bei meiner Frau Angelika schon große Überzeugungsarbeit leisten“, sagt Georg Dessin. Denn der 13 Meter hohe Turm (Baujahr 1920/25) auf dem ehemaligen Flughafen Staaken steht nicht nur unter Denkmalschutz. Er war auch baulich nicht gerade in Bestzustand. Das Mauerwerk bröckelte, Wasser lief durch das Dach, die Fensterscheiben waren zertrümmert, die schönen Steintreppen kaputt, die Heizkörper brutal aus den Wänden gerissen und im Gemäuer nisteten Vögel. Doch Georg Dessins Ehrgeiz war geweckt. Er wollte das historische Gebäude vor dem Verfall bewahren und bot dem britischen Eigentümer des Zeppelin Gewerbeparks den Kauf an. Zwei Jahre zähes Verhandeln mit der Hansteen Holdings PLC folgten. „Die wollten 75.000 Euro haben“, erzählt Georg Dessin. Das war ihm viel zu teuer. Stattdessen hätte man ihm Geld geben müssen. „Ich war immerhin bereit, ein Gebäude zu sanieren, das eigentlich abgerissen gehört, stünde es nicht unter Denkmalschutz.“ Der Eigentümer gab schließlich nach. Im Dezember 2013 verkaufte er Georg Dessin den Zeppelin-Tower nebst 880 Quadratmeter großem Grundstück für 150 Euro. Das war fast geschenkt. Allerdings hätte Georg Dessin die Finger davon gelassen, wenn er damals gewusst hätte, was es heißt, ein Denkmal auszubauen.

Aber er tat es nicht und begann 2014 damit das Gebäude zu sanieren. „Sanieren“ hieß im Fall des Towers: erst mal das Nötigste machen. Punkt eins: Die Untermieter mussten raus. Georg Dessin lacht. „Ich meine die Ratten.“ Als das erledigt ist, braucht er Strom für Bohrmaschine und Co. Über 20 Jahre lang stand das Gebäude leer. „Hier gab es kein Licht, kein Wasser und keine Heizung. Es war bitterkalt und die Luftfeuchtigkeit hoch.“ Der Eigentümer des Gewerbeparks hilft mit einer elektrischen Leitung, die provisorisch vom Nennhauser Damm bis zum Tower verlegt wird. Georg Dessin baut einen Schornstein und nimmt die erste Heizung in Betrieb. Die wärmt nun das Erdgeschoss des dreistöckigen Tower-Gebäudes und das Büro in der ersten Etage. Von dort managt Georg Dessin die Großbaustelle. Er hat einen Architekten und Statiker mit der Bauplanung beauftragt. Die meisten Handwerksarbeiten übernimmt der 46-Jährige allein. Er hat Decken abgestützt, Löcher zugemauert, die ersten Wände verputzt und eine Küche eingerichtet. Seine Frau und die beiden Töchter helfen ihm, wo es geht. Am Wochenende kommen Freunde vorbei. Auch die erste Toilette ist fertig, was Angelika Dessin besonders freut. „Vorher mussten wir zu McDonald auf’s Klo.“

Einstige Halle war 200 Meter lang

Rund 100.000 Euro haben die Dessins bisher in das Projekt Tower gesteckt. Zum Glück gelten die strengen Auflagen des Denkmalschutzes nur für die äußere Gebäudehülle. Das größte Problem aber ist der Wiederaufbau der Halle, von der nur noch die Träger stehen. 200 Meter lang lag sie rückseitig des Gebäudes und wurde 1985 zu DDR-Zeiten bis auf 26 Meter abgerissen. Georg Dessin braucht die Halle für die Baumaterialien und Maschinen. Die lagern jetzt noch im Tower-Gebäude und nehmen viel Platz weg.

Wann genau die Dessins mit ihrem Projekt fertig sind, wissen sie nicht. „Das hängt vom Geld und unseren Kräften ab“, sagt Georg Dessin. Aber er kann sich schon genau vorstellen, wie es im Tower einmal aussehen wird. Fünf geräumige Büroräume mit Küche und Toilette auf jeder der drei Etagen. Architektonisches Highlight soll die „Laterne“ werden, der gläserne Ausguck der früheren Flugaufsicht oben auf dem Dach. „Von hier kann man bei schönem Wetter bis zum Fernsehturm gucken“, sagt Georg Dessin. Zwei Etagen wollen die Dessins vermieten. Im Erdgeschoss soll ihre Firma für Reinigungs- und Pflegemittel einziehen. Dann können die Dessins auch endlich wieder Urlaub machen. uk

Über den Baufortschritt und die Geschichte des Towers informiert Georg Dessin in seinem Blog: www.zeppelin-tower.de.
Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

49 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

PolitikAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 61× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 65× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 163× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 559× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.