Erinnerung an den Mauerbau

Mit dem Verschwinden persönlicher Erinnerung wird für Brigadegeneral Michael Matz die öffentliche Erinnerung wichtig. Foto: Christian Schindler | Foto: Christian Schindler
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Staaken. Rund 100 Spandauer, davon viele Kommunalpolitiker, gedachten am 12. August an der Mauergedenkstätte an der Heerstraße des Mauerbaus vor 55 Jahren.

Die persönliche Betroffenheit angesichts einer für Menschen tödlichen Grenze bestimmte in unterschiedlicher Weise die Reden zum Mauerbau vom 13. August 1961. Mit Brigadegeneral Michael Matz, Standortältester der Bundeswehr in Berlin, hielt erstmals ein Militärvertreter die Hauptrede. Und Matz begann sehr persönlich: Er selbst habe keine persönliche Erinnerung an die Nachricht von der Abriegelung der beiden Teile Berlins. Seine erste Kindheitserinnerung an ein dramatisches Ereignis ist für den aus Norddeutschland stammenden Matz die Sturmflut von 1962, als in Büsum Deiche zu brechen drohten.

Matz nahm dies zum Anlass, die Bedeutung öffentlicher Erinnerung zu betonen, wenn immer mehr Menschen das entsprechende Ereignis nur noch aus Erzählungen anderer kennen. Karl-Heinz Bannasch, Vorsitzender der Heimatkundlichen Vereinigung Spandau, die zusammen mit dem Bezirksamt die Gedenkveranstaltung organisierte, verlas die Namen der nachweislich im Spandauer Bereich der Mauer zu Tode gekommenen neun Männer. Zuvor hatte er daran erinnert, dass es, mit Ausnahme des Grenzsoldaten Ulrich Steinhauer, der von seinem fliehenden Kameraden erschossen worden war, Flüchtlinge waren, die ihren Wunsch nach Freiheit mit dem Leben bezahlten. Bannasch fand so auch den Bezug zur Gegenwart: Auch heute dürfe eine humane Gesellschaft die Augen nicht davor verschließen, dass nach wie vor Menschen auf der Flucht vor Unfreiheit „ertrinken, ersticken oder verhungern“.

Auch Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) schlug den Bogen zur aktuellen Flüchtlingsthematik, die von Rechtspopulisten genutzt wird, die Glaubwürdigkeit von Politik zu untergraben. Kleebank erinnerte an das berühmte Zitat des DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, der kurz vor dem Mauerbau erklärte, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten, und damit ein klassisches Beispiel politischer Lüge lieferte. Er setzt dagegen auf Offenheit und nannte als Beispiel das gute Dutzend an Veranstaltungen zu Flüchtlingsheimen im Bezirk, die auch zur Lösung von Problemen beigetragen hätten. „Die Wahrheit ist nötig für eine Demokratie, sie kann aber auch eine Zumutung sein, die man aushalten muss“, sagte Kleebank.

Zu Beginn der Veranstaltung hatte der stellvertretende Bürgermeister und Baustadtrat Carsten-Michael Röding (CDU) darauf hingewiesen, dass weltweit nur ein Drittel der Menschheit in Freiheit lebe. Mangelnde Freiheit müsse auch bei Nato-Partnern angesprochen werden, sagte Röding, ohne die Türkei namentlich zu nennen. Röding, der sich mit dem Ende dieser Legislaturperiode aus der Politik zurückzieht, wurde mit der Veranstaltung von Karl-Heinz Bannasch im Namen der Heimatkundler verabschiedet. 2009 hatte Röding deren Idee zur Einrichtung der Gedenkstätte am ehemaligen Grenzübergang Heerstraße wohlwollend aufgenommen und dann deren Einrichtung unterstützt. CS

Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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