Orte in Tiergarten und Moabit erinnern an das Kriegsende

Durch eine schmale Pforte betritt der Besucher den früheren Teil des Kirchhofs von St. Johannis. | Foto: KEN
  • Durch eine schmale Pforte betritt der Besucher den früheren Teil des Kirchhofs von St. Johannis.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Tiergarten/Moabit. Berlin gedenkt dieser Tage an vielen Orten des Kriegsendes vor 70 Jahren. Einer davon ist der Potsdamer Platz.

Die Häuser sind zerstört. Schutt, Trümmer und zerschossenes Kriegsgerät türmen sich. Ein großformatiges Foto zeigt, wie es am Potsdamer Platz im Mai 1945 nach der mörderischen Schlacht um Berlin aussah. Ergänzend schildert die Open-Air-Ausstellung der Kulturprojekte GmbH "Mai ’45 - Frühling in Berlin" die Herausforderungen für das tägliche Überleben in der zerbombten Hauptstadt. Am Potsdamer Platz geht es speziell um "Infrastruktur und Wiederaufbau".

"Berlin zu Fuß und ohne Strom" ist dieser Aspekt des Alltags zwischen Krieg und Frieden überschrieben. Brücken waren gesprengt. Busse und Straßenbahnen fuhren so gut wie gar nicht. Ebenso wenig fuhren S- und U-Bahnen. Gleise und Tunnel waren zerstört. Die SS hatte am letzten Kriegstag in Berlin den S-Bahntunnel der Nord-Süd-Bahn direkt unter dem Landwehrkanal gesprengt. Auch die Gas- und Stromversorgung, die Müllabfuhr, der Post- und Fernmeldeverkehr waren weitestgehend zusammengebrochen. Für Wasser stand man an öffentlichen Pumpen Schlange.

Eher im Schatten des Gedenkens liegt nördlich des Potsdamer Platzes im Ortsteil Moabit der Kriegsgräberfriedhof in der Wilsnackerstraße. 1955 konnte der nach einem Entwurf des Gartenarchitekten Wilhelm Alverdes zum Ehrenfriedhof umgestaltete Notfriedhof eröffnet werden. Durch einen schmalen Einlass in der hohen Backsteinmauer betritt der Besucher einen früheren Teil des Kirchhofs der St. Johannis-Kirche. Er ist letzte Ruhestätte für mehr als 300 Menschen, die in den letzten Tagen des Krieges in der Umgebung zu Tode kamen: Männer, Frauen, Kinder, Soldaten, Zwangsarbeiter; Täter und Opfer. "Sie starben bei Kampfhandlungen, im Luftschutzkeller, beim Beschaffen des Lebensnotwendigen, durch Genickschuss oder begingen Selbstmord", ist auf der Tafel zu lesen, die 2003 auf Initiative des damals noch bestehenden Heimatmuseums Tiergarten neben dem Eingang angebracht wurde.

Opfer wie Albrecht Haushofer. Der Schriftsteller und Widerstandskämpfer war im Zellengefängnis Lehrter Straße inhaftiert. Dort schrieb er die "Moabiter Sonette". Er wurde am 23. April 1945 von der SS ermordet. Es ist ein großes Verdienst des Heimatvereins und der Geschichtswerkstatt Tiergarten, über diesen Friedhof geforscht zu haben, auch wenn es noch lange nicht gelungen ist, alle Bestatteten zu identifizieren.

Die Open-Air-Ausstellung am Potsdamer Platz wie an fünf weiteren stark besuchten Plätzen in der Stadt ist bis 26. Mai zu sehen. Informationen gibt es auch auf www.kulturprojekte-berlin.de. Der Kriegsgräberfriedhof in der Wilsnackerstraße kann ganzjährig besucht werden. Das Buch "Kriegsende in Tiergarten" von Bernd Hildebrandt und Ernst Haiger ist in der Dorotheenstädtischen Buchhandlung, Turmstraße 5, erhältlich.
Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 174× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 126× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 184× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.519× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.