Heikler Wahlmarathon: Laufveranstaltung behindert Bundestagswahl

Im Walther-Rathenau-Saal im Rathaus Wedding ist Mittes Briefwahlstelle geöffnet. Wahlamtsleiter Wigbert Siller glaubt, dass wegen des Berlin-Marathons mehr Leute als je zuvor vorab entweder direkt wählen oder die Briefwahlunterlagen anfordern. | Foto: Dirk Jericho
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  • Im Walther-Rathenau-Saal im Rathaus Wedding ist Mittes Briefwahlstelle geöffnet. Wahlamtsleiter Wigbert Siller glaubt, dass wegen des Berlin-Marathons mehr Leute als je zuvor vorab entweder direkt wählen oder die Briefwahlunterlagen anfordern.
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Wedding. Zeitgleich mit den Bundestagswahlen am 24. September findet in Berlin der Marathon statt. Das stellt das Wahlamt Mitte vor etliche Probleme.

Dieser Weg, wird kein leichter sein... Zumindest für alle Wahlberechtigten, die dort wohnen, wo am 24. September die rund 55 000 Läufer des 44. Berlin-Marathons entlang laufen. Denn die Bundestagswahlen finden zeitgleich mit diesem Mega-Event statt. Eine logistische Herausforderung für Mittes Wahlamt.

Der Citybezirk ist besonders betroffen: Dort ist Start und Ziel, dort gibt es die meisten Absperrungen.

Seit Januar tüfteln die Mitarbeiter im Wahlamt an Lösungen, um „Erreichbarkeitskonflikte“ für die Wähler zu lösen, wie Wahlamtsleiter Wigbert Siller sagt. 51 der insgesamt 187 Wahllokale im Wahlkreis 75 (Mitte) sind vom Marathon betroffen. 14 Stimmbezirke werden „von der Strecke durchschnitten“, so Siller. Das heißt, Wähler kommen an bestimmten Orten schlecht über die Absperrungen.

„Das ist die aufwändigste Wahl, die wir je hatten“, sagt Siller. Seine Kollegen optimieren seit Monaten die Orte für die Wahllokale. 18 bisherige mussten sogar komplett umverlegt werden, weil sie schwer zu erreichen sind. So wurde zum Beispiel das bisherige Wahllokal in der Musikhochschule Hanns Eisler am Gendarmenmarkt unmittelbar hinter dem Konzerthaus rausgenommen, weil auf der Charlottenstraße die Läuferkolonne rennt. Vier Stimmbezirke waren dort eigentlich zugeteilt. Zwei werden nun am 24. September im Quadriga-Forum neben dem Auswärtigen Amt eingerichtet.

Wahllokale angemietet

Erstmals muss der Bezirk Orte als Wahllokale anmieten, so das Kongresszentrum am Werderschen Markt. Normalerweise werden die Wahllokale in öffentlichen Gebäuden wie Schulen, Kitas, Gemeinderäumen oder Bibliotheken, selten auch in Kneipen, eingerichtet. Bei fremden Gebäuden zahlt der Bezirk in der Regel eine Reinigungspauschale von 50 Euro. Diesmal musste er tief in die Tasche greifen. Die vier angemieteten Tagungszentren – auch das Hotel de France an der Müllerstraße ist dabei – kosten den Bezirk jeweils mehr als 1000 Euro.

Mindestens drei Mal hat Mittes Wahlamtsleiter Wigbert Siller in den vergangenen Monaten mit den Berlin-Marathon-Veranstaltern verhandelt, um Querungsmöglichkeiten für die Wähler über die Laufstrecke zu bekommen. Sieben gibt es jetzt insgesamt, an denen Ordner mit Fähnchen und kurzzeitigen Fahrbahnwechseln für die Läufer die Wähler auf die andere Straßenseite führen, damit sie zu ihrem Wahllokal kommen. So zum Beispiel an der Straße Alt-Moabit. Siller hatte den SCC-Marathon-Verantwortlichen sogar vorgeschlagen, an bestimmten Stellen mobile Brücken für die Läufer zu bauen, unter denen das Wahlvolk zu seinen Wahllokalen spazieren kann. „Haben die abgelehnt“, so der Amtsleiter.

Ehrenamtliche fehlen

Der Wahlamtschef hat diesmal auch Probleme, seine 1800 ehrenamtlichen Wahlhelfer zu rekrutieren, die die 187 Wahllokale wuppen sollen. Für den Berlin-Marathon sind 6000 ehrenamtliche Helfer im Einsatz; engagierte Leute, die sonst auch bei den Wahlen helfen. Das Bezirksamt hat deshalb beschlossen, Rathausmitarbeiter für den Sonntagsjob zu verpflichten. „Das gab es seit mehreren Wahlen nicht mehr“, so Siller. Jede Rathausabteilung muss mindestens fünf Prozent ihrer Truppe abkommandieren. Wer am 24. September ran muss, haben die Kollegen untereinander geklärt. „Ob ausgewürfelt oder so, weiß ich nicht“, sagt Wigbert Siller.

Er glaubt, dass wegen des Marathons und den damit verbundenen Sperrungen ein Viertel mehr als bei den letzten Berlin-Wahlen vorher per Briefwahl ihr Stimme abgeben. Im vergangenen Jahr waren das knapp 40 000 Leute. Von den diesmal insgesamt 205 543 Wahlberechtigten kommen bestimmt 10 000 Briefwähler mehr dazu, glaubt Siller.

Briefwahl im Rathaus

Die sogenannte Briefwahlstelle für den Wahlkreis Mitte hat am 14. August im Rathaus Wedding in der Müllerstraße 146 eröffnet. 18 extra für zwei Monate eingestellte Mitarbeiter – viele Studenten – tüten dort die angeforderten Wahlunterlagen ein. Man kann aber auch einfach hingehen und im Walther-Rathenau-Saal sofort direkt wählen. Das geht völlig problemlos; wie am Wahltag auch braucht man nur sein Personaldokument mitzubringen und bekommt die Briefwahlunterlagen: Ankreuzen in der Wahlkabine und ab in die Wahlurne, die in der Briefwahlstelle allerdings als Briefkasten bezeichnet wird. Das Wahlamt im Weddinger Rathaus hat montags von 8 bis 15 Uhr, dienstags und donnerstags von 11 bis 18 Uhr und mittwochs und freitags von 8 bis 13 Uhr geöffnet. Bei der jüngsten Wahl haben 3000 Wähler direkt ihre Stimme in der Briefwahlstelle abgegeben. DJ

Im Walther-Rathenau-Saal im Rathaus Wedding ist Mittes Briefwahlstelle geöffnet. Wahlamtsleiter Wigbert Siller glaubt, dass wegen des Berlin-Marathons mehr Leute als je zuvor vorab entweder direkt wählen oder die Briefwahlunterlagen anfordern. | Foto: Dirk Jericho
Immer das gleiche: Das Wahlamt hat die Grünen, SPD, CDU und Linke aufgefordert, ihre riesigen Wahlplakate im Mittelstreifen vor dem Rathaus Wedding, in dem seit dem 14. August die Briefwahlstelle ist, zu entfernen. Laut Wahlgesetz darf im Umkreis von 30 Metern vor Wahllokalen keine Wahlwerbung gemacht werden. | Foto: Dirk Jericho
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Dirk Jericho aus Mitte

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