Von der Theorie in die Praxis: Studentische Start-ups in Berlin

Gründerin Janine Perkuhn lässt bei der Präsentation ihrer Nachrichten-App Nuzzera symbolische Luftballons platzen. Die App bietet bewusst vielseitige Beiträge an. | Foto: JoM
2Bilder
  • Gründerin Janine Perkuhn lässt bei der Präsentation ihrer Nachrichten-App Nuzzera symbolische Luftballons platzen. Die App bietet bewusst vielseitige Beiträge an.
  • Foto: JoM
  • hochgeladen von Josephine Macfoy

Studenten sind jung, ihr theoretisches Wissen ist auf dem neusten Stand und noch sehr präsent. Sie sind ganz nah dran, wenn die Basis für neue Technologien erforscht wird und Wissenschaftler Konzepte für die Lösung gesellschaftlicher Probleme entwickeln. Selbst wenn sie noch keinen Abschluss in der Tasche haben, verfügen Studenten über diese Einblicke – ein Potenzial, das in der Wirtschaft viel Wert ist.

Für Unternehmen ist der sogenannte Wissens- und Technologietransfer, ist die Erkenntnisse der Wissenschaft in innovative Produkte zu übersetzen, unabdingbar, um konkurrenzfähig zu bleiben. In vielen Universitäten gibt es daher bereits Kooperationsprojekte mit der freien Wirtschaft. Dabei erhalten die Hochschulen zum Beispiel Gelder, um bestimmte, für ein Unternehmen interessante Zusammenhänge zu erforschen.

Eigene Ideen umsetzen

Seit Jahren nimmt aber auch ein anderes Phänomen zu: Studenten gründen selbst eine Firma und bieten statt ihres theoretischen Wissens gleich ein ganzes Produkt an. Aus dem Studium heraus entwickeln sie ihre Ideen bis zur Marktreife. Laut der Gründungsumfrage 2016, die in Abständen die Entwicklung der Hochschulstart-ups abbildet, steigt die Zahl dieser Ausgründungen in Berlin seit etwa zehn Jahren stetig.

Oft wirken die Unternehmensgeschichten zufällig: Da hat zum Beispiel jemand im Bekanntenkreis einen Einfall, denkt sich, die Idee würde die Welt bereichern und bespricht sich mit anderen Studenten. In lockerer Atmosphäre kommen fachlich vielseitige Perspektiven zusammen und plötzlich steht im Raum, das Ganze größer aufzuziehen, zu vermarkten. So jedenfalls war das bei Sebastian Reck und seinen Mitgründern. „Unser Team bringt Design, Kryptografie, Webdesign und Betriebswirtschaft zusammen“, sagt Reck. Die sechs Gründer haben das soziale Netzwerk whispeer entwickelt, das im Gegensatz zu Facebook und Co. keine Daten sammelt, sie dafür aber mehrfach verschlüsselt. Es kombiniert alle üblichen Funktionen wie Chats und Profile. Für Privatnutzer, aber auch Unternehmen soll whispeer eine Möglichkeit bieten unkompliziert, aber sicher zu kommunizieren.

Erprobtes Netzwerk

Im Februar hat das Team sein Produkt neben 22 weiteren Start-ups beim Demo Day 2018 vorgestellt. Auf der Messe für Hochschul-Start-ups bekommen junge Gründer die Möglichkeit, ihre Angebote etablierten Unternehmern zu präsentieren und diese vielleicht sogar von einer Investition in die Idee zu überzeugen. „Für Unternehmer wie Start-ups ist der Austausch spannend. Da treffen oft ganz unterschiedliche Arbeitskulturen aufeinander. Beide Seiten können viel voneinander lernen“, sagt Dr. Stefan Franzke, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Berlin Partner.

In Berlin stehen Studenten, die eine Idee bis zur Unternehmensreife tragen wollen, viele Beratungs- und Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Dabei spielt das Gründungsnetzwerk B!Gründet eine zentrale Rolle. Initiiert haben es 2005 Berliner Hochschulen und Forschungsinstitute. Über erfahrene Mentoren aus Wissenschaft und Wirtschaft, Arbeitsplätze in Universitäten und Vernetzungstreffen wie den Demo Day unterstützt das Netzwerk Studenten und Absolventen bei ihrer Gründung. Beraten lassen können diese sich in den jeweiligen Einrichtungen der beteiligten Hochschulen. Dort erhalten sie auch Hilfestellungen bei Förderanträgen für Stipendien, die vielen schließlich den Weg in die Selbstständigkeit ebnen.

Neue Impulse geben

Auch das Team der Nachrichtenapp Nuzzera hat seine Idee mithilfe von Stipendien verwirklicht. Finanzielle Unterstützung kommt von der Google News Initiative, die Innovationen des digitalen Journalismus fördert, und dem Startup Incubator der Hochschule für Wirtschaft und Recht. Nuzzera soll die Art, wie Menschen Medien konsumieren, verändern. „Wir wollten eine Nachrichtenapp schaffen, die Menschen mit diversen Weltanschauungen konfrontiert“, sagt Janine Perkuhn, eine Gründerin.

Sowohl Suchmaschinen als auch gängige Nachrichtenapps orientierten sich am Geschmack der Nutzer. So würden den Menschen überwiegend auch Medienbeiträge angeboten, die ihre eigenen Sichtweisen bestätigten. „Sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, ist aber wichtig für eine Demokratie“, sagt Perkuhn. Deshalb spielt der intelligente Nuzzera-Algorithmus den Anwendern auf der Basis ihrer anonymen Nutzwerte eine politisch vielseitige Nachrichtenauswahl aus.

Aktuell befindet sich die App noch in der Testphase. Nutzer, die sie demnächst ausprobieren möchten, werden gesucht. „Der Gründungsprozess war bisher eine emotionale Achterbahn. Wir tragen viel Verantwortung, aber genau das macht mich glücklich“, sagt Perkuhn. Die eigene Idee Form annehmen zu sehen, sei ein besonderes Erlebnis. Ein Grund, warum das Team immer den Spaß an der Sache behalten habe, sei auch der lockere, universitäre Rahmen, in dem das Projekt reifen konnte.

Gründerin Janine Perkuhn lässt bei der Präsentation ihrer Nachrichten-App Nuzzera symbolische Luftballons platzen. Die App bietet bewusst vielseitige Beiträge an. | Foto: JoM
Sebastian Reck hat das soziale Netzwerk whispeer mitgegründet. Beim Demo Day 2018 führt er es vor. | Foto: JoM
Autor:

Josephine Macfoy aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 503× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 808× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen!  | Foto: Adobe

Quälen Sie sich nicht länger
Infoabend zum künstlichen Hüftgelenk

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen führen. Erfahren Sie, wie die schonende...

  • Reinickendorf
  • 24.02.24
  • 1.218× gelesen
  • 1
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen!  | Foto: Adobe

Quälen Sie sich nicht länger
Infoabend zum künstlichen Hüftgelenk

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen führen. Erfahren Sie, wie die schonende...

  • Reinickendorf
  • 24.02.24
  • 1.218× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.