Berlin feierte einst im Sterneckerschen Welt-Etablissement

Der Eingang zum Welt-Etablissement. | Foto: Sammlung des Vereins Weißenseer Heimatfreunde
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Wer heute von der Berliner Allee aus in den Weg neben dem Kulturhaus einbiegt, ahnt es kaum: Das war der Eingang zu einem der beliebtesten Vergnügungsparks vor den Toren Berlins.

Dort befand sich einst das Sterneckersche Welt-Etablissement „Schloss Weißensee“. Eröffnet wurde diese Vergnügungsstätte von Rudolf Sternecker im Jahre 1880. Auf dem Gelände des heutigen Parks am Weißen See gab es seinerzeit einen großen Wintersaal, ein ländliches Ballhaus, Volksbelustigungen aller Art, Kaskaden, Wasserfälle, Fontänen und vieles mehr. Man konnte artistische Darbietungen erleben, Ballonfahrten wurden angeboten, und immer wieder gab es Konzerte.

Besonders beliebt war auch die riesige Rutsche mit mehreren Wellen. Daneben gab es ein sogenanntes Hippodrom. Ins Wasser des Weißen See hinein wurde ein Seetheater gebaut. Es gab eine Badeanstalt, ein Fotoatelier, ein Riesenrad und ein Taucher-Bassin. Eine elektrische Eisenbahn durchfuhr das Gelände. Und in den Bayrischen Bierstuben wurde Gerstensaft ausgeschenkt. Im Zentrum dieses Vergnügungsparks stand das frühere Schloss Weißensee. Das hatte Sternecker von den damaligen Eigentümern gepachtet.

1897 war Sterneckers Zeit in Weißensee aber abgelaufen. Er verkaufte sein Etablissement. Andere versuchten sich an diesem Vergnügungspark – und scheiterten. Das Schloss ging schließlich 1909 an die Gemeinde Weißensee. Das Vergnügungsgelände wurde zu einem Volks- und Bürgerpark umgestaltet. Im Ersten Weltkrieg wurde im Schloss ab 1915 Militär untergebracht.

Als die Soldaten 1919 das Gebäude verlassen sollten, brach ein Feuer aus. Gemunkelt wurde, dass es Brandstiftung war und eine Unterschlagung von Lebensmitteln vertuscht werden sollte. Andere Quellen gehen von grober Fahrlässigkeit beim Umgang mit Feuer aus. Fakt ist: Das Schloss brannte komplett ab und wurde nie wieder aufgebaut.

Die Geschichte der einstigen Vergnügungsstätte haben Mitglieder des Vereins Weißenseer Heimatfreunde aufgeschrieben und vor 20 Jahren unter dem Titel „Alles nach Weissensee zum Sternecker. Vergnügungsstätten in Weißensee“ veröffentlicht. Weil die Broschüre längst vergriffen war, entschied sich der Verein, eine aktualisierte Neuauflage herauszubringen.

Diese präsentierte der Vereinsvorsitzende Jürgen Kirschke kürzlich mit einem Bildervortrag. Neben dem Etablissement Sterneckers widmet sich die Broschüre aber noch einer weiteren großen Vergnügungsstätte: der Trabrennbahn Weißensee. Die befand sich am damaligen Heinersdorfer Weg. Erworben wurde das Gelände 1877 vom Berliner Traber-Club. Offizielle Einweihung mit den ersten Rennen war im Juni 1878. Immerhin 12 000 Zuschauer kamen gleich am ersten Wochenende. Weil diese Vergnügungsstätte so beliebt war, wurde später sogar eine Straßenbahnlinie bis vor ihre Tore gebaut. Nach mehreren Umbauten und zeitweiligen Schließungen wurden die Pferderennen 1912 allerdings auf andere Rennbahnen verlegt. Das kam den seinerzeit aufstrebenden Film-Ateliers in Weißensee zugute. Diese nutzen das große Gelände für Filmaufnahmen, vor allem für Außenaufnahmen für Monumentalfilmen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Trabrennbahn zu einer Radrennbahn umgebaut. Dort fanden ab 1955 auch Motorradrennen und sogar Friedensfahrtveranstaltungen statt. In den 80er-Jahren wurde das Gelände zu einem Ort für Konzerte. Joe Cocker, die Rolling Stones und auch Bruce Springsteen traten dort auf. Heute trainieren Sportvereine auf dem Gelände.

Die Broschüre ist für 8,50 Euro im Büro der Weißenseer Heimatfreunden in der Brotfabrik am Caligariplatz 1 erhältlich. Sprechzeiten sind dort mittwochs von 15 bis 18 Uhr. Weitere Informationen gibt es bei Jürgen Kirschke unter 0163 473 67 17 sowie über den E-Mail-Kontakt heimatfreunde@berlin-weissensee.de. An die Vergnügungsstätte erinnert heute nichts mehr.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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