Bürgerversammlung: Bau am Cornelsenweg wird überdacht

Kampf um jeden grünen Meter: Anwohnerin Jenny Schon hörte bei ihrer Unterschriftensammlung im Sommer großen Zuspruch. | Foto: Schubert
  • Kampf um jeden grünen Meter: Anwohnerin Jenny Schon hörte bei ihrer Unterschriftensammlung im Sommer großen Zuspruch.
  • Foto: Schubert
  • hochgeladen von Thomas Schubert

Schmargendorf. Wohnungsbau oder Biotop? Im Fall der Nachverdichtung auf dem Grundstück von "Becker und Kreis" ist wieder alles offen. Und angesichts des Einwohnerantrags zweifeln nun auch Politiker, ob die Cornelsenwegwiese einem Betonriegel weichen muss.

Statt Abendröte lange Schatten und ein Grünzug, den das Grau verschlingt - solche Vorstellungen sorgen an der Sodener Straße für Verdruss. Es tobt der Kampf um eine Wiese. Und 2000 Unterschriften bewirken, dass sich der Bezirk wieder mit einem Wohnungsbauprojekt auseinandersetzen muss, das hier, an einem idyllischen Fleckchen Schmargendorf, sicher schien. 100 neue Mietwohnungen oder Freiraum für die Naherholung? Der Stadtentwicklungsausschuss wird zwischen diesen beiden Aussichten eine Linie finden müssen. Welche Positionen Anwohner und Investor vertreten, ist spätestens seit der jüngsten Einwohnerversammlung allen Verantwortlichen klar.

"Wir werden alle rechtlichen Vorgaben einhalten", verteidigte Matthias Klussmann von der Eigentümergesellschaft "Becker und Kries" sein Bauprojekt. 208 Wohnungen sind seit den 60er-Jahren an der Sodener Straße vorhanden. Man wohne hier zur moderaten Durchschnittsmiete von 6,60 Euro netto kalt. Nun will das Unternehmen lieber fünf neue Baukörper mit 100 Wohnungen errichten als die alten teuer zu modernisieren - und damit dem stark gestiegenen Bedarf an Mietunterkünften Rechnung tragen. Der Hauptkritikpunkt, die Distanz zwischen Bestandsbauten an der Cornelsenwegwiese und den Neubauten auf diesem Grünstreifen sei zu gering, läuft aus Sicht von "Becker und Kries" ins Leere. "Sie ist sogar großzügiger als das, was zulässig wäre", betonte der zuständige Architekt.

Großzügigkeit kann Norbert Machachej von der örtlichen Bürgerinitiative im strittigen Entwurf nicht erkennen. Schon jetzt komme auf jeden Anwohner in dieser Gegend nur 1,5 Quadratmeter Grün. Er befürchtet eine massive Verschattung der Bestandsbauten und eine Versiegelung im kritischen Ausmaß, was zu Hitzestaus und Staubbelastung führt. "Es gibt bei uns ein Bauchgefühl, das wir die Wiese brauchen", fasst er die Bedenken zusammen. Rationale Belege sieht Machachej ebenfalls gegeben. Nämlich in Studien, wonach Grünflächen eine vitale Wirkung haben. Was auf der Wiesenfläche und zwischen den Bestandsbauten zu entstehen droht, nennt Machachej "lebensfeindlich". Ein Ausdruck, den Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) für überzogen hält.

Trotz Verdichtung bleibe die Wohnsituation relativ komfortabel. "Man kann über die Art und Weise des Vorgehens verhandeln", zeigt er sich für Kompromisse offen. "Aber ich trete grundsätzlich dafür ein, dass wir hier Wohnungen schaffen." Beim Aufstellen des Bebauungsplans würden Bürger beteiligt, steht für Schulte außer Frage.

Vom entschlossenen Auftritt der "Wiesenhüter" beeindruckt zeigten sich Vertreter der BVV-Fraktionen. Ob es eine Bebauung in diesem Umfang sein muss, hält Susanne Klose von der CDU nun für fraglich und möchte über eine Auflockerung reden. Ein klares Nein zur Wiesenbebauung kommt von Grünen-Sprecher Ansgar Gusy. Er wirbt dafür, die Bauten stattdessen auf einer Parkplatzfläche zu konzentrieren. Zwiegespalten bleibt die Fraktion der Piraten, wobei Bauexperte Siegfried Schlosser das Projekt ablehnt. Und die meisten Sympathien für die Nachverdichtung gibt es seitens der SPD, wo Heike-Schmitt Schmelz einen "charmanten Vorteil" ins Blickfeld rückt: "Hier ist der Eigentümer auch Investor und Vermieter." Aber ob ein lückenloser Riegel auf der Wiese die richtige Lösung ist, bezweifelt auch sie.

Thomas Schubert / tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 144× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 129× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 200× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 586× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.