Wilmersdorf. Die bizarre Seite des Bildungswesens: Kolumnist Harald Martenstein stellt Wunderlichkeiten moderner Schulpolitik allzu gerne bloß. Sehr zur Erheiterung jener, die darunter zu leiden haben.
Ob schlechte Noten den Charakter verderben und Korrekturen seitens der Lehrer für seelische Schäden sorgen? Harald Martenstein, einer der schelmischsten Kolumnenschreiber unserer Zeit, ist keiner, der mit seiner Skepsis einfach herausrückt. Er machte es bei seinem jüngsten Auftritt - so wie immer - auf die polemische Tour. Und zwang damit nun Schüler und Lehrer des Goethe-Gymnasiums in der Gasteiner Straße 23 zum Lachen, mehr noch zum Denken.
"Beim Elternabend wurde mir gesagt, dass ich so tun soll, als sei alles richtig", nennt Martenstein eine Instruktion zur Erziehung seines Sohnes. Richtig und falsch - das seien nur Kampfbegriffe der gesellschaftlichen Konvention. "Schreiben nach Lustprinzip" - das wird aber spätestens dann eine Gefahr, meint der besorgte Vater, wenn der schiere Spaß auch bei der Ausbildung von Ärzten und Piloten maßgebend wird. Martenstein geht dabei so weit, sich vorzustellen, was ein Bruchpilot nach dem Absturz sagen müsste: "Der Flug ist nicht perfekt verlaufen - aber er war mit viel Freude gemacht."
Ja, die Schulpolitik, sie ist eines der Dauerthemen der Martensteinschen Kolumnen - auch wenn es böse Leserbriefe anzieht. Das Abschaffen des Sitzenbleibens? Eine Entwürdigung durch die Ehrenrunde? In der achten Klasse hätte es den erfolgreichen Journalisten um ein Haar selbst getroffen. Schonung von erfolglosen Schülern - ist das nicht ein absurder Fall von vorauseilendem Opferschutz? Selbsthilfegruppen hat Martenstein jedenfalls keine gefunden. Sitzenbleiben tut nicht weh und bringt sogar Charaktere hervor, die später von sich reden machen, hebt er hervor. Von einigen der Prominentesten wurden wir schon regiert.
Thomas Schubert / tsc
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