Bäckerei Weichardt gibt ihrem Brot 20 Stunden Zeit

In der Mietshaus-Mühle: Carsten Jürk-Mindach und Juniorchefin Yvonne Neumann. | Foto: Schubert
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Wilmersdorf. In einer der ältesten Vollkornbäckereien Berlins ist das Handwerk noch ganz buchstäblich zu verstehen. Und dass die Mühlsteine mineralischen Abrieb erzeugen, ist gewollt. Er nährt das Gebäck mit Spurenelementen.

Das Mehl stiebt, die Mühle malmt. Und zwischen den Säcken, die hier im Erdgeschosszimmer eines ansonsten ganz gewöhnlichen Gründerzeithauses lagern, hantiert tatsächlich noch ein Müller.

Carsten Jürk-Mindach wiegt eine Handvoll Korn in seiner Rechten, sieht es kurz darauf als Pulver in den Bottich rieseln. Erst 20 Stunden später wird seine Kollegin Ela Freitag das Endprodukt in den Brotkorb legen. Die Vollkornbäckerei Weichardt hat inzwischen vier Filialen. Aber am Wilmersdorf Hauptsitz bei Müller Carsten nimmt die lange Reise eines jeden Korns ihren Anfang - unter langsam wälzenden Mühlsteinen aus den Dolomiten. "Es wird besonders schonend aufgebrochen. Alle Spurenelemente und Mineralien bleiben so erhalten", erklärt Yvonne Neumann, die im Familienbetrieb inzwischen die Strippen zieht. Heinz und Mucke Weichardt, ihre Eltern, haben sich zurückgezogen, helfen den 40 Mitarbeitern aber immer noch mit Rat und Tat.

Als die Weichardts ihre Heimat am Bodensee verließen und ihr Glück ab 1977 in Berlin versuchten, war noch nicht abzusehen, dass sich die Vollkornbäckerei dort zu einer festen Größe entwickeln würde. Erst verkauften sie ihre Produkte ausschließlich vor Waldorf-Kindergärten aus einem Lieferwagen heraus. Dann wurde man in der Zehlendorfer Onkel-Tom-Straße heimisch, bevor 1981 der Umzug in die Mehlitzstraße 7 anstand. Ganz einfach war der Betrieb von antiquierten Mühlen in einem Wilmersdorfer Mietshaus mit Hinterhof freilich nicht. Nur von 8 bis 15 Uhr hört man sie rumoren, gekapselt von einer Schallschutzisolierung. Dies ist das Zugeständnis an hellhörige Nachbarn.

Mühlsteine erzeugen aber nicht nur Geräusche, sondern auch Abrieb. "Mein Vater sagt immer, das ist gut für die Knochen", betont Neumann den gesundheitlichen Nutzen. Gesünder, erlesener und langsamer als andere möchte man also sein. Warum dem Berliner Brot im Allgemeinen ein schlechter Ruf anhaftet? "Ich finde es eigentlich gar nicht so schlecht", entgegnet Neumann. Der Name "Bäckerei" sei allerdings kein geschützter Begriff. Letztlich macht es einen Unterschied, ob jemand das Brot bäckt oder nur auftaut.

Thomas Schubert / tsc
In der Mietshaus-Mühle: Carsten Jürk-Mindach und Juniorchefin Yvonne Neumann. | Foto: Schubert
20 Stunden vom Korn bis zur Kruste: Nach einem langen Produktionsprozess kann Ela Freitag das fertige Brot verkaufen. | Foto: Schubert
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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