Stolpersteine erinnern an Isidor und Laura Gotthilf

Urahn aus Israel: Uri Gotthilf liest die Innschrift der frisch verlegten Stolpersteine am Olivaer Platz. | Foto: Schubert
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Wilmersdorf. Sie verloren ihr ganzes Hab und Gut, kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Nun kehrten acht Ahnen der Gotthilfs an jenen Ort zurück, wo ihre Familie einst zu Hause war. Die Geschichte von zwei neuen Stolpersteinen am Olivaer Platz.

Langsam verliest Uri Gotthilf die Inschrift des Messings. Er liest die Namen von Isidor und Laura, ihre Lebensdaten und ihr Schicksal. Sein Blick ruht auf dem Boden. Seine Stimme ist fest.

Zwei Stolpersteine also. Zwei glänzende Gedenktafeln für seine Ahnen. Nicht größer als Uris Handflächen - aber ihre Botschaft bleibt unvergesslich. Isidor Gotthilf, geboren 1866, gestorben 1943 in Theresienstadt. Laura Gotthilf, geboren 1874, ermordet 1944 in Auschwitz, verbrachten einige ihrer glücklichsten Tage am Olivaer Platz 1/Ecke Konstanzer Straße. Sie lebten dort, bis sie Nazi-Ideologen aus dem Adressbuch strichen. Heute befindet sich an diesem Ort das Hotel Citadines. Und als die Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf Direktor David Koellner fragte, ob sie vor der Tür das Andenken an die Gotthilfs ins Pflaster hämmern dürfte, sagte er ohne zu Zögern ja.

Nun steht Koellner acht Ahnen der früheren Bewohner gegenüber. Einige leben noch in Berlin, Uri Gotthilf kam aus Israel. Und Judy Rowse, die Frau aus London, bei der im Vorfeld alle Fäden zusammenliefen, verliest in feinem britischen Englisch alte Briefe ihrer Urgroßeltern.

Nach allem, was Judy weiß, waren es bescheidene Familienmenschen. Sie aßen nur Brote mit Butter oder Marmelade, nicht mit doppeltem Aufstrich. Und sie brachten es mit solchen Tugenden zum Erfolg im Agrargroßhandel. Die Firmen- und die Wohnadresse waren gleich: Olivaer Platz 1. Doppelt schmerzlich der Verlust.

Die neuen "Stumbling Stones", sagt Judy, geben nicht Auskunft über ihre Vorfahren, sondern seien auch ein mahnendes Zeichen gegen Intoleranz, Rassismus und Xenophobie. "Ich bin sehr dankbar und froh, dass so viele Menschen gekommen sind und Anteil nehmen."

Ihr Dank gilt Monika Falkenhagen von der Stolpersteininitiative ebenso wie Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD), der von diesem Anlass "tief berührt" eine Bezirksamtssitzung verschob. Erst kürzlich habe er im Rahmen einer Städtepartnerschaftsreise nach Split erfahren, welches internationale Interesse an dem in seinem Bezirk besonders ausgeprägten Gedenkprojekt besteht. Amtskollege Ivo Baldasar habe sich offen dafür gezeigt, künftig auch in seiner Stadt Erinnerungen ins Pflaster zu graben. Und Naumann gibt sich optimistisch: "Es wäre die erste Verlegung von Stolpersteinen auf kroatischem Boden."

Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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