Von den Nazis "abgesägt": Ausstellung im Heimatmuseum erinnert an sechs Kommunalpolitiker

Klaus-Peter Laschinsky (r.), Leiter des Heimatmuseums, begrüßte Bildungsstadtrat Frank Mükisch zur Ausstellungseröffnung von „Abgesägt“. | Foto: Ulrike Martin
3Bilder
  • Klaus-Peter Laschinsky (r.), Leiter des Heimatmuseums, begrüßte Bildungsstadtrat Frank Mükisch zur Ausstellungseröffnung von „Abgesägt“.
  • Foto: Ulrike Martin
  • hochgeladen von Ulrike Martin

Zehlendorf. Sie wurden denunziert und entlassen, verfolgt und inhaftiert: Sechs Zehlendorfer Kommunalpolitiker in der NS-Zeit stehen im Mittelpunkt derAusstellung „Abgesägt“ im Heimatmuseum Zehlendorf.

Auf hohen Schautafeln sind die Biographien von zwei Frauen und vier Männern nachzulesen. Alle waren politisch aktiv, fünf von ihnen waren SPD-Mitglieder.

Anna Mayer (1882-1937) gehörte der Deutschen Volkspartei (DVP) an und war eine der ersten promovierten Juristinnen in Deutschland. Sie engagierte sich in der bürgerlichen Frauenbewegung, war Stadtverordnete in der Bezirksversammlung Zehlendorf. In den Ruhestand wurde sie 1933 versetzt – zur „Vereinfachung der Verwaltung“.

Minna Todenhagen (1880-1950) gründete die sozialdemokratische Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit, leitete die städtische Einrichtung „Haus Kinderschutz“ in Zehlendorf und wurde ebenfalls 1933 entlassen.

Richard Draemert (1880-1957), Bezirksverordneter in Zehlendorf, war wesentlich an der U-Bahnverlängerung in Richtung Krumme Lanke beteiligt. 1933 von den Nazis kalt gestellt, kam er 1944 ins KZ Sachsenhausen, aus dem er nach mehreren Wochen schwerkrank entlassen wurde. Er errichtete eine Holzbude und verkaufte Getränke und Eis, um seine Familie zu ernähren, was durch Schikanen des Bezirksamtes kaum gelang. Nach Kriegsende erhielt er wieder ein Mandat in der Bezirksverordnetenversammlung Zehlendorf und wurde 1955 zum Stadtältesten von Berlin ernannt.

Besonders tragisch ist das Schicksal von Hermann Clajus (1881-1933). Der Stadtverordnete im Berliner Magistrat war am Ausbau des Strandbades Wannsee beteiligt, später dessen Direktor. Als es 1932 dort zu Übergriffen der SA gegen jüdische Bürger kam, ging Clajus engagiert dagegen vor. So wurde er zum Feindbild der Nazis. Im März 1933 erhielt er einen verdeckten Hinweis auf seine Entlassung und die drohende Verhaftung und erschoss sich in seinem Amtszimmer.

Die zwei weiteren Tafeln informieren über Hans Holtz (1882-1956), Planer und Rektor der Zinnowwaldschule, sowie über den Zehlendorfer Stadtrat Friedrich Matèrn (1873-1937).

„Diese Ausstellung ist wichtig, weil sie die Erinnerung an Menschen zurückholt, die unter den Nationalsozialisten gelitten haben“, sagte Bildungsstadtrat Frank Mükisch (CDU) bei der Eröffnung. Noch nicht alles aus dieser Zeit sei beleuchtet, vor allem im Bereich der Regionalgeschichte.

Kuratorin Heike Stange vom Kulturamt wies daraufhin, dass nicht alle Biographien bebildert werden konnten. Fotos von Anna Mayer und Friedrich Matèrn fehlen. „Es wäre schön, wenn uns die Zehlendorfer Bürger weiterhelfen könnten“, sagte Stange. Auch weitere Einzelheiten zu den Lebensläufen seien willkommen. Wer Informationen oder Fotos hat, der kann sich unter  902 99 45 16 oder per E-Mail an stange@kultur-steglitz-zehlendorf.de melden. uma

„Abgesägt“ ist bis 31. März im Heimatmuseum, Clayallee 355,  802 24 41 Mo und Do 10-18 sowie Di bis Fr 10-14 Uhr zu sehen.
Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

17 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Wir beantworten Ihre Fragen gern. | Foto: Volkmar Otto

Sicherheit während der OP
Wie sicher sind Narkosen im Alter?

Im Laufe unseres Lebens steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir eine Operation benötigen. Doch mit zunehmendem Alter stellen sich oft auch Fragen zur Sicherheit von Narkosen. Zum Beispiel können Herz-Kreislauf-Erkrankungen, schwere Lungenkrankheiten oder Demenz die Narkoseverträglichkeit beeinflussen. Wir laden Sie herzlich ein, Ihre Fragen und Bedenken mit uns zu teilen. Unser Ziel ist es, Ihnen die Angst vor der Narkose zu nehmen und Ihnen ein Verständnis dafür zu vermitteln, wie wir Ihre...

  • Reinickendorf
  • 13.03.24
  • 529× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Seinen Füßen sollte man sehr viel Aufmerksamket schenken.

Infos für Patienten
Thema: „Rund um den ganzen Fuß"

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Doch wenn Probleme auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen einen tiefen Einblick in die Anatomie des Fußes und beschäftigen sich gezielt mit Problemen wie Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen für diese häufig auftretenden Probleme....

  • Pankow
  • 06.03.24
  • 824× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen!  | Foto: Adobe

Quälen Sie sich nicht länger
Infoabend zum künstlichen Hüftgelenk

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen führen. Erfahren Sie, wie die schonende...

  • Reinickendorf
  • 24.02.24
  • 1.230× gelesen
  • 1
Gesundheit und MedizinAnzeige
Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen!  | Foto: Adobe

Quälen Sie sich nicht länger
Infoabend zum künstlichen Hüftgelenk

Leiden Sie unter Hüftschmerzen, die Ihr Leben beeinträchtigen? Dann lassen Sie sich nicht länger quälen! Wir laden Sie zu unserem Infoabend ein, bei dem Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen entdecken können, ohne sich vor dem Eingriff fürchten zu müssen. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, wird Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen führen. Erfahren Sie, wie die schonende...

  • Reinickendorf
  • 24.02.24
  • 1.230× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.